Karneval:Demokratiefresser

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Bei den Rosenmontagszügen in Köln, Düsseldorf und Mainz geht es diesmal besonders deftig zu. Vor allem an US-Präsident Donald Trump arbeiten sich die Wagenbauer ab.

Von Jan Bielicki, Düsseldorf

Trump, Trump und noch mal Trump. Als Vergewaltiger, in einer Reihe mit Adolf Hitler, als Star-Wars-Bösewicht Darth Vader mit blonder Locke unterm Helm, als demokratiefressende Raupe, als Elefant im Porzellanladen, als ungebetener Neuer in der Klasse der Staatsführer: Der amerikanische Präsident ist bei den Rosenmontagszügen in Köln, Düsseldorf und Mainz die Figur, an der sich die Erbauer satirischer Motivwagen in diesem Jahr besonders gerne abgearbeitet haben.

Auch sonst liefert diesmal vor allem die Weltpolitik die humorlosen Gestalten, über die sich die Karnevalisten am Rhein zu Hunderttausenden lustig machten. Den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Beispiel, der in Mainz mit einem Rasenmäher Pressefreiheit und Demokratie niedermäht, oder britische Brexiter, die sich die Kugel geben.

Geht man davon aus, dass die Umzüge in ihrem lauten Frohsinn auch Ängste und Ärger der deutschen Bürgerseele in ihrer rheinischen Ausformung widerspiegeln, dann versucht der diesjährige Karneval, vor allem die Furcht vor dem US-Wahlsieger und dessen populistischen Adepten zu bannen. In Düsseldorf, wo der Zug als schärfer und politischer gilt als rheinaufwärts, fällt die Kritik besonders deftig aus: Trump schändet eine vor ihm knieende, sehr wütende Freiheitsstatue. Die rächt sich auf dem nächsten Wagen und hält grinsend das abgetrennte Haupt des geköpften US-Präsidenten in der einen Hand - und die Verfassung in der anderen. Dann stehen Trump und die europäischen Rechtspopulisten Marine Le Pen und Geert Wilders in einer Reihe mit einem anderen Blonden, den die Geschichte eigentlich als Diktator mit dunklem Scheitelhaar und Oberlippenbärtchen kennt: "Blond ist das neue Braun", heißt es auf einem Banner.

Sanfter Spott für Steinzeitjäger Schulz und "Mamutti" Merkel

Der Witz des Düsseldorfer Wagenbauers Jacques Tilly ist nicht immer subtil, dafür oft provokant. Angesichts der derzeitigen Weltlage müsse die Satire "gepfeffert" sein, sagte er am Montag dem WDR. Die Satire, das ist in dem Fall die fettbäuchige Gestalt eines deutschen Wutmichels. "Bei zu viel Wut im Bauch ...", beginnt der Satz auf dem Wanst und endet auf dem Hinterteil: "... ist die Demokratie im Arsch".

Begleitet wurden die Züge in Köln, Düsseldorf und Mainz von jeweils mehreren Hunderttausend Mitfeierenden - und massiven Sicherheitsvorkehrungen. Mit Bauschuttcontainern, Betonsperren und schweren Lastwagen hatten Behörden und Veranstalter die Zufahrten zu Zugwegen blockiert. Damit sollten mögliche Attentäter daran gehindert werden, wie im vergangenen Jahr bei den Anschlägen von Nizza und Berlin, Laster in die Menge zu steuern. Für Lkws hatten die Behörden die Zufahrt in die Stadtzentren verboten.

Deutsche Politiker übrigens kamen diesmal auf den Motivwägen trotz Großwahljahr mit vergleichsweise sanftem Spott davon. Neben der scharfen Satire für die Rechtspopulisten im Ausland wirkte es vergleichsweise mild, wenn ein SPD-Steinzeitjäger Martin Schulz einer stoisch dahinschreitenden "Mamutti" Angela Merkel einen Speer ins Fell rammt.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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