Justiz:Schlimmer als Guantanamo

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Das Gefängnis in Manhattan. (Foto: Jin Lee/Bloomberg)

Der mexikanische Drogenboss "El Chapo" sitzt in einem New Yorker Gefängnis.

Von Johanna Bruckner, New York

Der bisher spektakulärste Ausbruchsversuch aus dem Metropolitan Correctional Center in Downtown Manhattan dürfte "El Chapo" gefallen. Im Januar 1981 versuchte ein Drogenboss, über das Dach des zwölfstöckigen Gebäudes zu flüchten. Zwei Komplizen hatten einen Helikopter gekapert, der Drogenboss wartete samt Geisel auf dem Dach. Das aber war mit einem Netz aus Stahlseilen überspannt - beim Versuch, das Netz durchzuschneiden, wäre der Helikopter fast abgestürzt. Die Komplizen drehten ab, der Drogenboss ergab sich ein paar Stunden später.

Jetzt also ist Joaquín Guzmán, genannt "El Chapo", in diesem Gefängnis untergebracht, auch er ist ein Drogenbaron, der vor Ausbruchsversuchen nicht zurückschreckt. In Mexiko ist er mehrmals aus Hochsicherheitsgefängnissen geflohen, zuletzt im Juli 2015: Obwohl unter ständiger Beobachtung, konnte Guzmán durch ein Loch in seiner Dusche in einen Fluchttunnel hinabsteigen. Im Januar 2016 wurde er erneut festgenommen, in der vergangenen Woche in die USA überstellt.

Ob amerikanische Gefängnisse den Ausbrecherkönig festhalten können, bleibt abzuwarten. Das Metropolitan Correctional Center steht zumindest im Ruf, härter zu sein als das umstrittene Militärgefängnis Guantanamo. Knapp 800 Häftlinge sind in dem Gebäude in der Park Row 150 in Manhattan untergebracht. Die gefährlichsten werden in einem abgeschirmten Flügel isoliert, der "South 10" heißt. Hier gibt es etwa ein halbes Dutzend Einzelzellen. Die Bedingungen dort hat die New York Times dokumentiert: 23 von 24 Stunden eines Tages brennt in den Zellen Licht, die Scheiben sind aus Milchglas, die Schlitze in den Zellentüren sind verschlossen. Ehemalige Häftlinge berichten, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass die Sehkraft in South 10 mit der Zeit verkümmere. Auch andere Sinne werden beschnitten: So ist es den Gefangenen nicht erlaubt, einander etwas zuzurufen. Uzair Paracha, verurteilt als Unterstützer des Terrornetzwerks al-Qaida und zwei Jahre in South 10 untergebracht, erzählt in einem Buch: Das Einzige, was man ab und zu höre, seien die Witze, die das Wachpersonal über die Häftlinge mache.

Im Fall Guzmán halten sich die Behörden bedeckt. Noch ist unklar, wie lange Guzmán im Metropolitan Correctional Center bleiben wird oder ob er nach Brooklyn verlegt wird. Er ist auf jeden Fall nicht der erste prominente Kriminelle, der hier einsitzt: Ramzi Ahmed Yousef, Drahtzieher des Bombenanschlags auf das World Trade Center 1993, war Insasse, ebenso Millionenbetrüger Bernie Madoff.

Einmal wurde das Gefängnis schon bezwungen: 1990 seilten sich zwei Häftlinge aus dem zweiten Stock ab - mit dem Kabel einer Bodenpoliermaschine. Einer der beiden Männer, Mauricio Menendez, steht heute noch auf der "Most Wanted"-Liste des FBI.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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