Die Justiz-Panne vergangene Woche hatte für einen Aufschrei gesorgt: In Mönchengladbach musste ein mutmaßlicher Kinderschänder vorzeitig auf freien Fuß gesetzt werden, weil die Staatsanwaltschaft zuviel Zeit verstreichen ließ.
Nun musste in Nordrhein-Westfalen erneut ein Untersuchungshäftling freigelassen werden - wieder, weil die Mühlen der Justiz offenbar zu langsam gearbeitet haben.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht ordnete die Freilassung eines Mannes an, der seit 20 Monaten in Untersuchungshaft gesessen hatte. Damit sei das Gericht einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gefolgt, sagte ein Gerichtssprecher in Düsseldorf.
Im aktuellen Fall war der Mann vom Amtsgericht Mönchengladbach bereits zu dreieinhalb Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt worden.
Das Berufungsverfahren vor dem dortigen Landgericht ist aber aus Sicht des Karlsruher Verfassungsgerichts zunächst nicht schnell genug vorangetrieben worden. Über die Revision ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Deshalb hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den Mann, wie erst am Dienstag bekannt wurde, mit Beschluss vom 24. Juni wieder auf freien Fuß gesetzt.
Laut Amtsgericht wurde dem Angeklagte vorgeworfen, im November 2007 eine Frau geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt zu haben. Der Prozess lief zunächst zügig, das Amtsgericht sprach sein Urteil Ende März 2008.
Doch dann kam es - so die Verfassungsrichter - zu unnötigen Verzögerungen: Urteil und Akten wurden jeweils mit mehrwöchiger Verspätung dem Landgericht zugestellt, dort dauerte es sieben Monate bis zum ersten Verhandlungstermin, schließlich wurde das Berufungsurteil im Januar 2009 gesprochen.
Die Karlsruher Richter verwiesen auf die langjährige Rechtssprechung, wonach Verfahren beschleunigt zu Ende gebracht werden müssen, solange der Betroffene in Haft sitzt. "An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert."
Bei erheblichen und für die Justiz vermeidbaren Verzögerungen könne allein die Schwere der Tat nicht eine Fortdauer einer langen Haft rechtfertigen, hieß es.