Nach knapp 30 Jahren Haft ist Dieter Degowski, einer der beiden Täter im "Gladbecker Geiseldrama", wieder auf freiem Fuß. Das bestätigte die Anstaltsleitung der Justizvollzugsanstalt im nordrhein-westfälischen Werl am Freitag. Demnach hat die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss einlegt, wonach Degowski auf freien Fuß kommen sollte.
Degowski und sein - weiterhin inhaftierter - Komplize Hans-Jürgen Rösner hatten im August 1988 zunächst eine Bank in Gladbeck überfallen. Danach flüchteten sie mit mehreren Geiseln zwei Tage lang durch Deutschland und erschossen zwei Geiseln. Ein Polizist starb durch einen Autounfall bei der Verfolgungsjagd. 2002 lehnte ein Gericht die Haftentlassung Degowskis wegen "besonderer Schwere der Schuld" ab und legte die Haft auf mindestens 24 Jahre fest. Einem Gnadengesuch Degowskis wurde 2009 vom damaligen Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens, Jürgen Rüttgers, nicht stattgegeben. Der Rechtsausschuss im Landtag von NRW hatte dann aber im November 2017 beurteilt, von Degowski gehe keine Gefahr mehr aus.
Der Fall ist auch wegen des Fehlverhaltens der Medien bis heute präsent. Reporter verfolgten die Täter, berichteten live und behinderten die Arbeit der Polizei. Der Journalist Udo Röbel stieg sogar ins Fluchtauto ein und interviewte die flüchtigen Täter. Das veranlasste schließlich den Deutschen Presserat, seinen Pressekodex zu erweitern.
Degowskis Anwältin Lisa Grüter hatte bereits im vergangenen Oktober mit Blick auf die nahende Entlassung ihres Mandanten mitgeteilt, dass er künftig nicht mehr Degowski heißen werde. Mit einem neuen Namen wolle er "dieses Stigma" loswerden, dass "er sich mit Degowski vorstellen muss, dem Namen, der so viele Erinnerungen weckt", erläuterte Grüter. Zudem sei er dankbar dafür, "dass er von der Gesellschaft noch eine Chance bekommt".