Italien:Teilnehmer nicht erreichbar

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Die vermisste Frau war an Bord dieses Schiffes, der MSC Magnifica. Nach Genua aber verliert sich ihre Spur. (Foto: dpa)

Ein Deutscher sitzt in Italien in Haft, seine Frau ging auf einer Kreuzfahrt verloren - nun gilt er als tatverdächtig. Die Frau war an Bord der "MSC Magnifica", so viel ist sicher. Nach Genua aber verliert sich ihre Spur.

Von Oliver Meiler, Rom

Ein dunkles Mysterium umweht die Kreuzfahrt von einer Familie aus Dublin, das Rätsel ist gar so trüb, dass sich römische Untersuchungsrichter noch einige Tage mehr Zeit lassen wollen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Im Gefängnis Regina Coeli von Rom sitzt ein deutscher Informatiker, 45, Vater zweier Kinder, vier und sechs Jahre alt. Man verdächtigt ihn, seine Frau, eine 36-jährige Chinesin, umgebracht zu haben. Wobei: Eine Leiche gibt es in diesem Fall nicht. Hat er seine Frau womöglich über Bord geworfen? Der Mann, ursprünglich aus Brandenburg, schwieg zunächst, als ihn die Justiz kurz nach der Festnahme befragte. Dann stritt er in einem vierstündigen Verhör ab, seine Frau getötet zu haben. Nur, wo sie sich jetzt aufhält, wenn sie denn noch lebt, wisse er auch nicht. Das weiß niemand.

Die Geschichte begann am 9. Februar in Civitavecchia bei Rom, beim Boarding der MSC Magnifica. Das Kreuzfahrtschiff brach auf zu einer Fahrt, die es nach Genua, Malta, Zypern, zu einigen griechischen Inseln und wieder zurück nach Civitavecchia bringen sollte. Elf Tage insgesamt, eine beliebte Route ohne größere Probleme. Am 10. Februar machte die Magnifica ihren ersten Halt, in Genua. Wer wollte, konnte aussteigen und sich die Stadt anschauen. Die Familie stieg aus.

Der Besitzer eines Souvenirladens in Genua will sich jedenfalls genau erinnern können an das Paar, das sich offenbar vor den Augen seiner kleinen Kinder heftig stritt. Der Vater soll ein Paar Sportschuhe aus einem Rucksack gezogen und damit auf die Frau eingedroschen haben, weil sie ihre Strandsandalen nicht mit saisongerechterem Schuhwerk tauschen mochte. Szenen einer bewegten Ehe?

Nach dem Stopp in Genua verliert sich die Spur der Frau. Die Schiffsgesellschaft hat zwar ein Überwachungssystem, das jedes Fehlen eines Passagiers signalisieren soll. Doch ein Signal gab es nicht. Und der Mann meldete seine Frau nicht als vermisst. Als die Magnifica dann am 20. Februar wieder in Civitavecchia anlegte, gingen nur drei Mitglieder der Familie von Bord und reisten von dort nach Rom. Am Flughafen Ciampino wollten sie gerade für einen Flug nach Dublin einchecken, als die Polizei einschritt und den Mann verhaftete. Der Schiffsgesellschaft war doch noch aufgefallen, dass ein Passagier fehlte - etwas spät zwar, aber immerhin.

Die Kinder wurden in ein Heim gebracht, wo sie seitdem psychologisch unterstützt werden. Der größere der beiden Jungs erzählte den Ermittlern, der Vater habe sie einmal aufgefordert, in der Kabine zu bleiben, und sei mit der Mutter nach draußen gegangen. Danach sei er ohne die Mutter zurückgekommen. Als sie jeweils nach der Mutter gefragt hätten, habe er "komisch" geantwortet. Mitreisende berichteten, die Kinder hätten verwahrlost gewirkt, oft seien sie ohne Schuhe unterwegs gewesen und hätten immer dieselben Kleider getragen.

Die italienischen Anwälte des Deutschen wollen sich nun in dessen Umfeld umhören, um zu verstehen, wie es um Familie und Beziehung stand. Ihr Mandant beteuere, es sei nicht das erste Mal, dass seine Frau die Familie vorübergehend verlasse. Schon einmal, sagte der Deutsche, sei sie auf einer Kreuzfahrt nach einem Stopp nicht mehr an Bord gegangen, weil sie es satt gehabt habe, und sei dann nach China gereist. Fünf Monate später sei sie wieder nach Hause zurückgekehrt. Diesmal, so der Mann, sei sie auf einer griechischen Insel ausgestiegen. Er habe versucht, sie auf ihrem Handy zu erreichen. Doch da sei sie nicht rangegangen, sagte der Mann. Es komme immer gleich der Anrufbeantworter.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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