Höxter:Höxter: Polizei kontrollierte Paar zweimal ohne Verdacht zu schöpfen

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  • Zeugen hatten die Polizei gerufen, als das spätere Todesopfer sich mit dem unter Tatverdacht stehenden Paar auf einem Parkplatz stritt.
  • Eine Woche vor dem Tod von Annika W. alarmierten Zeugen die Polizei, als sie eine eingeschüchterte und im Gesicht verletzte Frau auf dem Rücksitz des Autos des Paares entdeckt hatten.

Im Fall der in einem Haus in Höxter festgehaltenen und gequälten Frauen hat es zwei weitere Kontakte des mutmaßlichen Täterpaars im Beisein eines Opfers mit der Polizei gegeben. Dies teilten die Polizei Bielefeld und die Staatsanwaltschaft Paderborn mit. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand gebe es aber keinen Anfangsverdacht gegen Polizisten beispielsweise wegen unterlassener Hilfeleistung oder einer möglichen anderen Straftat.

Das mutmaßliche Täterpaar, Wilfried W. und seine Ex-Frau Angelika, soll in ihrem Haus in Höxter-Bosseborn zwei Frauen im Alter von 33 und 41 Jahren so schwer misshandelt haben, dass sie starben. Mindestens vier weitere Frauen sollen in dem Haus ebenfalls misshandelt worden sein und überlebt haben. Der Fall wurde vor gut einem Monat bekannt und löste bundesweit Entsetzen aus.

Streit auf dem Parkplatz, eingeschüchtertes Opfer auf der Rückbank

Nun stellt sich heraus, dass das Paar schon vorher mehrmals Kontakt mit der Polizei hatte. Am 6. Juni 2014 soll es auf dem Parkplatz eines Verbrauchermarkts in Höxter zu einem Streit zwischen Angelika W. und dem späteren Todesopfer Annika W. gekommen sein, aufgrund dessen Zeugen die Polizei zur Hilfe riefen. Nach den Ermittlungen der Bielefelder Mordkommission wurde der Streit von den eingesetzten Polizeibeamten geschlichtet. Für die Beamten habe sich die Situation als Beziehungsstreit zweier Frauen um einen Mann dargestellt, berichteten die Ermittler. Auch in diesem Fall habe es keine Hinweise auf Straftaten gegeben.

Am 26. Juli 2014 soll es einen weiteren Kontakt der Polizei mit dem mutmaßlichen Täterpaar und dem etwa eine Woche später gestorbenen 33-Jährigen an einer Tankstelle in Bad Salzuflen gegeben haben. Ein Ehepaar berichtete demnach über einen Notruf von einer offensichtlich eingeschüchterten Frau mit Verletzungen im Gesicht, die auf der Rückbank eines Autos saß. Nachforschungen ergaben, dass sich zur Einsatzzeit Angelika W. und Wilfried W. mit ihrem Opfer Annika W. in dem Fahrzeug befanden.

Die damalige polizeiliche Überprüfung habe aber keine Hinweise auf eine Straftat ergeben, teilten die Ermittler mit. Die inzwischen vernommenen Polizeibeamten konnten sich nicht mehr an Details des damaligen Einsatzes erinnern. Deshalb soll Angelika W. den Ermittlern zufolge in einer weiteren Vernehmung dazu befragt werden.

Anwalt des verdächtigen Wilfried W. macht der Polizei Vorwürfe

Der Anwalt von Wilfried W. hatte bereits Ende Mai schwere Vorwürfe gegen die Polizei wegen eines angeblichen Kontakts zu den beiden Tatverdächtigen und einem Opfer im Jahr 2012 erhoben. Hintergrund war eine Aussage von Angelika W., wonach das mutmaßliche Täterpaar eine Frau aus Berlin freilassen wollte.

Vorher habe das Opfer aber schriftlich bestätigen sollen, dass sie freiwillig bei dem Paar in Höxter gelebt habe. Das Paar habe einen Zeugen dafür haben wollen, dass diese Unterschrift freiwillig geleistet werde, und sei mit dem Opfer zu einer Polizeiwache ins niedersächsische Uslar gefahren. Der Polizist soll das Paar fortgeschickt haben. Die Frau aus Berlin überlebte und meldete sich bei den Behörden, nachdem sie das Haus in Höxter in den Medien wiedererkannt hatte.

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