Harte Strafen für Pädophile:Chemische Zwangskastration in Polen

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Härtere Strafen für Kinderschänder: Das Parlament will polnische Richter zwingen, chemische Kastrationen anzuordnen.

Im Kampf gegen Kinderschänder setzt Polen auf schärfere Strafen und eine chemische Zwangsbehandlung. Die zweite Parlamentskammer, der Senat, billigte am Donnerstag eine deutliche Verschärfung der Strafen für Sexualverbrecher.

Das vom Parlament geänderte Strafgesetzbuch zwingt die Richter, Kinderschänder und Inzestverbrecher nach Verbüßen ihrer Haftstrafe in die chemische Zwangsbehandlung zu schicken. Diese Maßnahme - auch als "chemische Zwangskastration" bezeichnet - soll für Straftäter gelten, die Minderjährige unter 15 Jahren vergewaltigt oder ein Inzestverbrechen begangen haben.

Bisher konnten die Richter selbst entscheiden, ob sie diesen Schritt anordnen wollten. Der Gesetzgeber erhöhte zudem die Strafen für diese schweren Sexualverbrachen. Den Tätern drohen nun zwischen drei und 15 Jahre statt wie bisher zwischen zwei und zwölf Jahre Haft.

"Medizin zu Strafmittel degradiert"

Ex-Gesundheitsminister, Psychiater Marek Balicki, der im Sejm als einziger gegen den Entwurf stimmte, machte keinen Hehl aus seiner Empörung. "Die Medizin wird hier zu einem Strafmittel degradiert", sagte der linke Politiker. Er wundere sich, wie schnell die Regierung und das Parlament dem "populistischen Volkszorn" nachgegeben hätten. "Das ist gefährlich." Auch Menschenrechtler Piotr Kladoczny vom polnischen Helsinki-Komitee äußerte Bedenken.

Diesen Volkszorn hatte Ministerpräsident Donald Tusk vor gut einem Jahr selbst angefacht. Im vergangenen September war in Ostpolen ein Inzestfall aufgedeckt worden, der die polnische Öffentlichkeit empörte. Ein 45-Jähriger soll sechs Jahre lang seine Tochter sexuell missbraucht und zwei Kinder mit ihr gezeugt haben. Solche "Kreaturen" verdienten es nicht, als Menschen bezeichnet zu werden, sagte Tusk damals.

Er stellte infrage, ob für solche Täter die Menschenrechte noch gelten und gab damit eine Marschrichtung für die Abgeordneten an. Wie Umfragen zeigen, begrüßen rund zwei Drittel der Polen das radikale Vorgehen gegen Pädophile.

Die polnischen Medien heizen mit immer neuen Geschichten über Sexualstraftaten die Stimmung an. Direkt vor der Aussprache im Senat berichtete die Zeitung Rzeczpospolita auf der Titelseite über einen rückfälligen Kinderschänder.

Weil die Senatoren mehrere technische Änderungsvorschläge zum Gesetz beschlossen haben, muss es nochmals vom Sejm behandelt werden. Danach hat Präsident Lech Kaczynski das Sagen. Es gilt als sicher, dass das nationalkonservative Staatsoberhaupt mit seiner Unterschrift nicht zögern wird. Er und sein Zwillingsbruder, Oppositionsführer Jaroslaw, sind als Befürworter eines scharfen Strafrechts bekannt.

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