Großbritannien:Schluss mit "Fight Pub"

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Britische Kneipen sind als Tempel der Gewalt berüchtigt. Die Tresenkämpfe belasten den Gesundheitsetat des Königreichs. Jetzt soll eine neue Erfindung die Kneipenkämpfer entwaffnen.

Wer in einem britischen Pub in eine Streiterei gerät, lebt gefährlich. Die Männer von der Insel sind für ihre Kneipenschlägereien berüchtigt - und auch dafür, dabei nicht zimperlich vorzugehen.

Weil in britischen Pubs aus Kampftrinkern häufig Trinkkämpfer werden, soll das Bier künftig in bruchfesten Gläsern serviert werden. (Foto: Foto: dpa)

Biergläser dienen vielen Tresen-Rambos als beliebte, weil gefährliche Waffe: Jahr für Jahr gibt es im Vereinigten Königreich knapp 90.000 Attacken mit solchen Gläsern, die für viele Beteiligte im Krankenhaus enden. Die Gesundheitsbehörden schätzen die Kosten durch Angriffe mit Scherben oder Gläsern auf rund 2,7 Milliarden Pfund (drei Milliarden Euro) jährlich.

Schrittweise Abrüstung

Eine neue Erfindung soll die volkswirtschaftlichen Schäden nun eindämmen: Bruchsichere Biergläser. Das neu aufgelegte Pint-Glas, das etwa einen halben Liter fasst, zerbreche nicht mehr so leicht, behauptet der Hersteller Design Bridge.

Innenminister Alan Johnson ist bereits voll des Lobes für die neue Erfindung. Die alten, zerbrechlichen Modelle hätten großen Anteil an den vielen Verletzungen durch alkoholbedingte Gewaltaktionen.

Die Abrüstung der Kneipen soll schrittweise stattfinden: Zunächst will man die neuen Gläser in einem Pilotversuch innerhalb eines Jahres in mehreren Pub-Ketten ausprobieren. Geplant ist, die Neuheit auf freiwilliger Basis in den Pubs einzuführen, wenn sie sich in den Tests als haltbar, kostengünstig und sicher erweist.

Zwei Varianten durchlaufen den Härtetest: Ein Glastyp ist innen mit einer dünnen Kunstharzschicht versehen, der andere besteht aus Verbundglas, ähnlich wie es für die Produktion von Autoscheiben verwendet wird. Beide sind nur schwer kaputtzukriegen. Bricht das Glas doch, halten die Scherben zusammen.

50 kaputte Pints in einer Minute

Alcohol Concern, eine Organisation gegen die Auswüchse des Alkoholmissbrauchs, lobt die Idee. "Wir sind sehr dafür", erklärt Geschäftsführer Don Shenker. Bei der Hälfte aller Tätlichkeiten in Großbritannien sei Alkohol im Spiel, und es komme häufig vor, dass Gläser zerschlagen und als Waffe benutzt würden.

Auch die Tresenkräfte im Elephant's Head im Londoner Stadtteil Camden würden Sicherheitsgläser begrüßen, wie Wirtin Mirjam Linzie versichert. "Einmal gab es eine große Schlägerei, und in einer Minute gingen 50 Pints zu Bruch", berichtete sie. "Ein Mann zerschlug einem anderen das Glas auf dem Schädel. Einem quoll das Auge raus. Es war ein Blutbad. Es hat Scherben gehagelt. Die Leute sind hinter dem Tresen in Deckung gegangen."

Plastik ist keine Alternative

Den Wirten anderer Pubs dürften den bruchfesten Gläsern ebenfalls etwas abgewinnen können - allein schon deshalb, weil auch im Normalgebrauch viele kaputt gehen.

Plastikbecher seien keine Alternative, weil Biertrinker diese nicht leiden könnten, sagt Glasdesigner Matt Cotterill. "Glas liegt besser in der Hand. Plastik wird warm." So könnten die unzerbrechlichen Gläser auch für friedliebende Zeitgenossen interessant sein, mutmaßt er: "Dieses Glas könnte das Bier länger kühl halten."

© sueddeutsche.de/DAPD/AFP/kred - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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