Großbritannien:First Ladies

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Schau an, diese Helme! Bei der Modewoche in London gibt Queen Elizabeth II. ihr Debüt in der ersten Reihe - neben Vogue-Chefin Anna Wintour, die zum Entsetzen einiger Royalisten die Sonnenbrille aufbehält.

Von Laura Hertreiter

Öfter mal was Neues: die Queen bei der Show des britischen Designers Richard Quinn auf der London Fashion Week. (Foto: Matt Crossick/Imago)

Queen Elizabeth II. trägt jedes Jahr ungefähr 70 neue Hüte. Neue Schuhe lässt sie von ihren Bediensteten einlaufen und zum Ausreiten trägt sie Seidenkopftücher von Hermès. Ihre maßgeschneiderten Kleider verwaltet der königliche Couturier nach eigenen Angaben "militärisch", Star-Trek-Blau zur Weihnachtsansprache, Dottergelb zu Ostern, Kermitgrün zum runden Geburtstag, Kleeblattgrün für einen Besuch in Irland. Gern so knallig, dass alle anderen blass aussehen, und gern auch mit politischer Botschaft. Museen haben der Garderobe der Queen eigene Ausstellungen gewidmet. Kurz: Die britische Königin weiß, wie Mode funktioniert. Erstaunlich ist also weniger, dass Elizabeth II. am Dienstagabend die Fashion Week in London besucht hat. Erstaunlich ist vielmehr, dass dieses Debüt so spät kommt.

Ein Raunen soll durch den Zuschauerraum gegangen sein, als die Monarchin vorn am Laufsteg Platz nahm, um die Show des britischen Designers Richard Quinn zu sehen und ihm den "Elizabeth II. Fashion Award" zu überreichen. Mit dem nach ihr benannten Preis soll von nun an jedes Jahr ein neues Talent der britischen Modebranche ausgezeichnet werden.

In der Front Row hatte man für sie einen Designerstuhl mit hellblauem Samtkissen und Armlehnen bereitgestellt, auf diesem Stuhl saß sie zur Rechten Anna Wintours. Die eine, 91 Jahre alt und seit 65 Jahren Königin der Briten, die andere, 68 und seit 30 Jahren Chefin der Vogue und damit so etwas wie die Königin der Modewelt, beide optisch etwa 20 Jahre jünger, unterhielten sich mit der Begeisterung von Schulmädchen in der Bastelstunde.

Betreut wurde Elizabeth II. (in zartem Hellblau) von Vogue-Chefin Anna Wintour (mit Sonnenbrille) höchstpersönlich. (Foto: Reuters)

Queen Elizabeth II. trug, das darf in diesem Rahmen natürlich nicht unerwähnt bleiben, ein hellblaues Tweedkostüm ihrer Hofschneiderin Angela Kelly mit Brosche und schwarzen Handschuhen, angeblich von jener britischen Manufaktur, bei der Elizabeth jedes Jahr zwölf Paar in Schwarz und Weiß ordert ("Baumwolle und Nylon, waschbar, sehr schlicht und praktisch", wie die Inhaberin dem Telegraf mitteilte). Anna Wintour trug ein langes Kleid von Alexander McQueen mit floralem Muster und, wie nahezu immer, eine große Sonnenbrille, die sie zum Entsetzen einiger Royalisten auch in Anwesenheit der Queen nicht abnahm.

William Hanson, ein von der Daily Mail zu Rate gezogener "Etikette-Experte", rügte: "Während Anna Wintours Mode-Entscheidungen in der Regel tadellos sind, war ihre Etikette heute weit von jedem Trend entfernt." Die Frage, was sie hinter den dunklen Brillengläsern verstecke, beantwortet die gestrenge Chefin des einflussreichen Modemagazins in der Regel so: "Ich halte wahrscheinlich gerade ein Nickerchen."

In royaler Gesellschaft war das offensichtlich nicht der Fall, man sah Anna Wintour sogar lachen, ein Anblick, der fast so selten ist wie die britische Monarchin am Laufsteg.

Dort waren übrigens opulente Gewänder des 28 Jahre alten Designers Richard Quinn zu sehen, der schon Tourkostüme für Madonna entworfen hat. Bunte Muster, wallende Röcke, ein ärmelloser Ledermantel, Schlangenmusterkleider, geblümte Strümpfe, geblümte Motorradhelme, geblümte Gesichtsmasken. Ihrer Mimik nach zu urteilen zählt die Queen eher nicht zu Quinns künftigen Kundinnen. Es hätte einer geblümten Gesichtsmaske bedurft, um das zu verbergen. Oder einer großen Sonnenbrille.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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