Entschädigung für Folter:Kindsmörder Gäfgen darf 3000 Euro behalten

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Magnus Gäfgen im Oktober 2012 vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. (Foto: dpa)

Er entführte und tötete den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler. Für dieses Verbrechen wurde Magnus Gäfgen 2003 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Jetzt erstritt sich der Kindsmörder eine Entschädigung.

Mehr als zehn Jahre nach der Verurteilung des Kindsmörders Magnus Gäfgen beschäftigt dieser noch immer die Justiz. Das Amtsgericht Frankfurt entschied jetzt, dass Gäfgen die 3000 Euro Entschädigung, die ihm wegen einer illegalen Folterdrohung zusgeprochen wurde, persönlich beanspruchen darf. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

Gäfgens Insolvenzverwalter könne beim Landgericht auf Auszahlung des Geldes klagen oder beim Oberlandesgericht (OLG) Beschwerde einlegen, hieß es. Das Amtsgericht stützte sich in seiner Entscheidung auf die Auffassung des OLG, wonach es sich um einen unpfändbaren und damit nicht zur Insolvenzmasse gehörenden Anspruch handele.

Das Frankfurter OLG hatte Gäfgen die 3000 Euro im Oktober 2012 wegen der Folterdrohung in einem Polizeiverhör zugesprochen. Das so in zweiter Instanz rechtskräftig verurteilte Land Hessen hatte den Betrag Anfang 2013 bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts eingezahlt. Dort wurde die Weiterleitung des Geldes an den Insolvenzverwalter verfügt. Gäfgens Verteidiger hatte dagegen Einspruch eingelegt.

Gäfgen hatte 2002 den Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und getötet - dafür war er vom Landgericht Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Polizei hatte Gäfgen nach der Entführung im Verhör Folter angedroht, um das Versteck des Jungen zu erfahren. Dass dieser schon tot war, wussten der frühere Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner und sein Vernehmungsbeamter nicht. Zum Zeitpunkt der Entführung hatte Gäfgen offenbar etwa 2500 Euro Schulden, gab seine Geldsorgen aber als alleiniges Motiv für die Entführung an. Nach Justizangaben hat Gäfgen vor allem wegen der angefallenen Gerichtskosten inzwischen Schulden im hohen fünfstelligen Bereich.

Gäfgen, der im Gefängnis sein Erstes Juristisches Staatsexamen abgelegt hatte, hatte wegen der Folterandrohung 10.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz in unbekannter Höhe vor dem Landgericht erstreiten wollen. Dieses gestand ihm wegen "schwerer Verletzung der Menschenwürde" und Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eine Entschädigung von 3000 Euro plus Zinsen zu. Dagegen hatte das Land Hessen Beschwerde beim OLG eingelegt, ohne Erfolg. Die beiden Polizeibeamten waren wegen Nötigung verurteilt worden.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/jst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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