Drogenboss Treviño Morales:Z-40 ist in Haft, Z-42 steht schon bereit

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Mexikos neue Regierung hat den Rauschgiftkartellen den Kampf angesagt - jetzt konnte das Militär den berüchtigten Drogenboss Treviño Morales festsetzen, auch bekannt als Z-40. Doch seine Verhaftung muss nicht bedeuten, dass sein Wirken nun beendet ist. Im Gegenteil: Mexiko könnte eine neue Welle der Gewalt bevorstehen.

Von Merle Sievers und Antonie Rietzschel

Miguel Ángel Treviño Morales hat eine markante Handschrift, wenn es darum geht, seine Gegner loszuwerden: Er stopft sie in ein Ölfass, übergießt sie mit Benzin und zündet sie an. "Grill-Party" nennt sich diese Methode. Ein Informant sagte der Huffington Post einmal: Wer zu einem Treffen mit Treviño Morales eingeladen würde, käme da nicht mehr lebend raus.

Nun ist der berüchtigte Chef des Drogenkartells "Los Zetas", einer der meistgesuchten Männer mexikanischer und US-amerikanischer Behörden, festgenommen worden. Der auch als "El Z-40" bekannte Treviño Morales sei in den frühen Morgenstunden im Nordosten Mexikos nahe der US-Grenze von Elitesoldaten gestellt worden, teilte ein Sprecher der Sicherheitsbehörden von Mexiko-Stadt mit.

Zusammen mit dem Drogenboss seien in der Stadt Nuevo Laredo im Bundesstaat Tamaulipas auch zwei andere Bandenmitglieder festgenommen worden. Bei der Festnahme auf einer Landstraße um 3:45 Uhr Ortszeit seien keine Schüsse gefallen. Informationen der New York Times zufolge fanden die Soldaten in dem Auto des 40-Jährigen zwei Millionen Dollar und jede Menge Waffen.

Treviño Morales soll unter anderem für das Verschwinden und die Ermordung von 265 Migranten verantwortlich sein. Ihm werden Mord, organisiertes Verbrechen und Folter vorgeworfen. In den USA werden ihm außerdem verschiedene Drogendelikte zur Last gelegt. Die Vereinigten Staaten hatten bis zu fünf Millionen Dollar Belohnung auf seine Ergreifung ausgesetzt.

Vom Laufburschen zum Oberboss

Treviño Morales startete seine kriminelle Laufbahn bereits in seiner Jugend. Er verdingte sich als Laufbursche für eine Gang namens Los Tejas, die seine Heimatstadt Nuevo Laredo kontrollierte. In den neunziger Jahren trat er den Zetas bei, dem blutrünstigsten Drogenkartell Mexikos.

2005 übernahm er mit den Los Zetas die Kontrolle über das Territorium um seine Heimatstadt und bekämpfte ein anderes Kartell, Sinaloa, um dessen Drogenrouten in die USA übernehmen zu können. Wie die Huffington Post berichtet, soll er bereits damals Morde auf US-Territorium arrangiert haben.

Im August 2012 stieg Miguel Ángel Treviño Morales in der Rangfolge des Zeta-Kartells weiter auf, von da an nahm er Platz zwei hinter Gründer Heriberto Lazcano ein. Die beiden strebten Experten zufolge in unterschiedliche Richtungen: Während Lazcano die Zetas stabilisieren und eine direkte Konfrontation mit der Staatsgewalt vermeiden wollte, ging es Treviño Morales vor allem um Expansion. Vor dem offenen Kampf gegen die Regierung sei er nicht zurückgeschreckt, heißt es.

Kartell gegen Kartell

Doch zunächst fand der Krieg vor allem unter den verschiedenen Akteuren im Drogengeschäft statt: Der größte Gegner der Zetas ist seit langem das eigene Mutter-Kartell - das Cártel del Golfo.

Bereits während der Prohibition in den dreißiger Jahren hatte das Golf-Kartell Alkohol über die Grenzen Mexikos geschmuggelt, lange Zeit galt es als unangefochtener Machthaber des Landes. In den vergangenen Jahrzehnten begann diese Macht jedoch zu schwinden, da sich der paramilitärische Flügel der Gruppe abgespalten hatte. Aus dieser Abspaltung entstanden die Zetas.

Heute zählen die Zetas zu den größten Rivalen des Golf-Kartells, die beiden Syndikate liefern sich einen Bandenkrieg um die Kontrolle der Grenzregion zu den USA. Häufiger Schauplatz dieses Kriegs ist die Millionenstadt Monterrey, 200 Kilometer von der texanischen Grenze entfernt. 2011 verübten die Los Zetas hier einen Brandanschlag auf ein Kasino, bei dem 52 Menschen ums Leben kamen. Vor etwa einem Jahr stürmten drei Angreifer eine Bar und eröffneten das Feuer auf die Gäste. Acht Menschen kamen dabei ums Leben.

Insgesamt wurden in Mexiko seit 2006 fast 70.000 Menschen durch die Bandenkriege der Drogenkartelle ermordet, unter ihnen viele Zivilisten. Laut einer US-Studie verließen zwischen 1970 und 2010 ungefähr 872 Milliarden Dollar aus Verbrechen, Korruption und Geldwäsche das Land.

Dieser massiven Kriminalität hat die neue Regierung den Kampf angesagt: Enrique Peña Nieto ist seit Dezember 2012 Präsident. Das Vorgehen gegen das organisierte Verbrechen war eines seiner größten Versprechen, mit dem er die Wahl für sich entscheiden konnte. Und tatsächlich: Seit seinem Amtsantritt sind die Morde im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen in Mexiko um 17 Prozent gesunken, wie das mexikanische Innenministerium bereits nach den ersten vier Monaten der neuen Regierung mitteilte.

Allerdings ist angesichts dieser Zahlen durchaus Skepsis angebracht. Denn ob die sinkende Mordrate wirklich einer besseren Sicherheitspolitik oder neuen Abkommen zwischen den Drogenkartellen zuzuschreiben ist - wie die UN-Menschenrechtskommission in Mexiko sagt - ist unklar.

Mit der Verhaftung Treviño Morales' ist der neuen Regierung nun der bislang größte Schlag gegen die Drogenkartelle gelungen. Wie sich dieser Erfolg nun auswirken wird, ist allerdings fraglich.

Möglicher Nachfolger steht bereit

Experten befürchten, dass die Verhaftung zu einer weiteren Zersplitterung der Kartelle führen könnte. Dadurch würde ihr Einfluss auf die Staatsgewalt zwar vielleicht geschwächt, doch auf der anderen Seite könnten neue Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen aufkommen. Mexiko könnte daher eine neue Welle der Gewalt bevorstehen.

Währenddessen ist das Wirken Treviño Morales' mit seiner Verhaftung nicht zwangsläufig beendet. Denn Bandenkriege hören hinter Gitterstäben selten auf: So lieferten sich in einem Gefängnis in Monterrey im Februar 2012 inhaftierte Mitglieder der Zetas und des Golf-Kartells eine regelrechte Schlacht mit Stichwaffen und Steinen, bei der 44 Menschen getötet wurden.

Vollkommen unersetzbar scheint Treviño Morales' auch nicht. Wie die Dallas News schreibt, könnte sein jüngerer Bruder die Nachfolge bei den Zetas antreten. In der Hierarchie innerhalb des Kartells steht Omar Treviño Morales direkt hinter "El Z-40". Passend dazu sein Codename: "El Z-42".

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