Betrug:Falscher Chef ergaunert zwei Millionen

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Über die sogenannte "Chef-Masche" gelingt es Kriminellen immer häufiger, Geld zu erbeuten. (Foto: imago/Martin Bäuml Fotodesign)

Der Vorgesetzte meldet sich von der Geschäftsreise und braucht dringend Geld? Das könnte eine Falle sein. Die Polizei sagt nun, wie Firmen sich schützen können.

Von Nadine Funck

In der Buchhaltung klingelt das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ist die Stimme eines Mannes zu hören, der sich auf Englisch als Chef eines Tochterunternehmens ausgibt. Er befinde sich derzeit geschäftlich auf einer Reise und brauche dringend eine größere Summe Geld. Für neue Verträge, Firmenanteile, Patentrechte, Maschinen oder neue Immobilien. Der Transfer müsse so schnell wie möglich geschehen. Immer häufiger gelingt es Kriminellen, Firmen um mehrere Millionen Euro zu erleichtern. Die Rede ist von der sogenannten Chef-Masche, die auch als Geschäftsführer-Trick oder Fake-President-Trick bekannt ist.

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen hat nun Zahlen bekannt gegeben: 31 Millionen Euro wurden demnach bereits mit der Chef-Masche ergaunert, 20 Millionen davon konnten die Ermittler aber noch rechtzeitig "einfrieren". Im Fall eines einzelnen Unternehmens, so heißt es in dem Bericht, sei sogar ein Schaden in Höhe von zwei Millionen Euro entstanden.

Obwohl die Masche schon länger bekannt ist, wächst die Zahl der Straftaten stetig. "Das Aufklären der Unternehmen über diese neue Art des Betruges ist ein wichtiger Schritt, um Schäden zu verhindern", sagte Uwe Jacob, Direktor des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen.

Hinter dem Betrug steckt laut LKA ein weltweit operierendes Netzwerk aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. Das FBI beziffert den weltweiten Schaden auf 2,8 Milliarden Euro in 100 Staaten. Dem Bundeskriminalamt wurden seit 2013 bundesweit 58 Betrugsfälle mit einem Gesamtschaden von 106 Millionen Euro bekannt. Der tatsächliche Schaden könne aber höher liegen, weil es keine Statistik mit Meldepflicht gebe.

Wie der Trick funktioniert

Den Betrügern hilft vor allem das Internet. Viele Unternehmen legen auf ihren Homepages Firmenstrukturen oder die Funktionen einzelner Mitarbeiter offen. Über Social Media lässt sich zusätzliches Insiderwissen gewinnen. Befindet sich der Chef gerade im Urlaub oder auf einer Dienstreise? Auch Wirtschaftsberichte, Handelsregister oder Werbebroschüren werden ausgewertet, um an Angaben zu Geschäftspartnern und künftigen Investitionen zu gelangen.

Die Kontaktaufnahme erfolgt dann meist via Telefon oder E-Mail. Der ausgeforschte Mitarbeiter wird knapp über das Anliegen informiert, zur Eile gedrängt und zur Diskretion gezwungen. Die Täter bauen dabei einen immensen Druck auf die Mitarbeiter der Unternehmen auf. Um Misstrauen entgegenzuwirken, weisen die Kriminellen außerdem oftmals gefälschte Zahlungsanweisungen inklusive Unterschrift sowie gefälschte E-Mail-Korrespondenzen vor. Danach geht es schnell.

Der Mitarbeiter wird dazu gebracht, so schnell wie möglich den Transfer eines größeren Geldbetrags zu veranlassen. In den meisten Fällen gelangt das Geld dann auf Konten in China, Hongkong oder Osteuropa, die zuvor unter falschen Namen eingerichtet wurden. Sobald das Geld dorthin überwiesen wurde, werden die Konten leergeräumt.

Tipps vom Landeskriminalamt

Das Landeskriminalamt warnt nun ausdrücklich davor, zu viele Informationen über das Unternehmen öffentlich zu machen und regt an, Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren. "Legen Sie klare Verhaltensregeln für Ihre Finanzabteilung und Buchhaltung fest, damit Sie nicht Opfer dieser neuen Betrugsmasche werden", appelliert Uwe Jacob an die Unternehmen.

Gleiches gilt für den Auftritt in sozialen Netzwerken und Informationen im Handelsregister. Klare Abwesenheitsregeln und interne Kontrollmechanismen sollen ebenfalls Abhilfe leisten. Sollte dennoch eine solche Zahlungsaufforderung einen Mitarbeiter erreichen, sollte stets die Absenderadresse gegengeprüft werden, auch eine Verifizierung beim angeblichen Auftraggeber ist ratsam. In jedem Falle sollte auch die Geschäftsleitung oder ein Vorgesetzter informiert werden. Denn obgleich die Zahl solcher kriminellen Übergriffe steigt, konnte eine Vielzahl von Fällen in der Vergangenheit durch aufmerksame Mitarbeiter unterbunden werden.

Mit Material der dpa

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