Berlin:Rätselhafter Lappen

Lesezeit: 1 min

Der Fußball-Mitgliedsausweis von Erich Mielke ist aus einem Museum gestohlen worden - allerdings ist nicht einmal klar, für welchen Verein der Ausweis überhaupt galt.

Von Max Sprick

Es gibt Fotos, auf denen Erich Mielke mit der Mannschaft des BFC Dynamo Berlin posiert. Dass Mielke, der Minister für Staatssicherheit in der DDR, dem Fußballverein nahestand, ist hinlänglich belegt: Er war schließlich dessen Ehrenvorsitzender. Mit Unterstützung Mielkes und der Stasi war der BFC zum erfolgreichsten Verein der DDR geworden, feierte unter anderem zehn Meisterschaften in Serie. Jetzt aber, 18 Jahre nach seinem Tod, löst Erich Mielke Verwunderung aus beim BFC Dynamo, mit einem Foto, auf dem er ausgesprochen grimmig dreinschaut.

Sein BFC-Mitgliedsausweis sei gestohlen worden, meldete die Berliner Polizei. Die private Leihgabe sei vergangenen Oktober aus einer Vitrine im Berliner Stadtmuseum entwendet worden, sie gehörte zur Sonderausstellung "Hauptstadtfußball". Die Beamten übernahmen Angaben des Museums, als sie den Diebstahl aufnahmen. Deswegen, und weil sie bislang keinerlei Hinweise haben, wendeten sie sich nun mit der Bezeichnung "BFC-Mitgliedsausweis" an die Öffentlichkeit. Sofort war das Interesse an dem Fall groß, der BFC Dynamo war ob seiner Stasi-Verbundenheit schließlich auch der meistgehasste Verein der DDR und polarisiert bis heute unter Fußballfans in der Hauptstadt. Verschiedene Medien mutmaßten sogleich, es könnte ein gegnerischer Fan von damals hinter dem Raub stecken.

Nur, beim BFC weiß man von nichts. "Ich glaube nicht, dass der Mielke-Ausweis von unserem Verein stammt", sagt der Pressesprecher am Telefon. Er verweist auf die Bezeichnung über Mielkes Foto, "Deutscher Turn- und Sportbund Sportvereinigung Dynamo" steht da, es liege also nahe, dass dieser Dachverband den Ausweis ausgestellt habe. Entsprechend sei die Verlustmeldung kein Gesprächsthema im alten Mielke-Lieblingsverein.

Bleiben also zwei Fragen: Wo war Mielke denn nun Mitglied? Und: Wer könnte ein Motiv für so einen Diebstahl haben? Hans-Jürgen Harras, verantwortlich für die Sicherheitssysteme der staatlichen Museen Berlins, sagte dem Tagesspiegel: "So ein Unikat wird man nicht einfach wieder los." Einen Markt gebe es aber schon, heißt es bei der Polizei, sie bekomme auch nicht selten den Diebstahl von Sammlerdevotionalien angezeigt.

Nachdem der echte Mielke seinerzeit dem BFC verlustig gegangen war, stürzte der Verein übrigens ab. Heute spielt er in der viertklassigen Regionalliga, wird überwiegend von Ehrenamtlern geführt, und die, sagt der Pressesprecher, seien noch nicht so lange dabei. Das Rätsel um den Mielke-Ausweis bleibt daher erst mal ungelöst.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: