Berlin:Hohe Strafen für junge U-Bahn-Schläger

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"Öffentliche Verkehrsmittel kein Kriegsschauplatz": Weil sie einen Familienvater brutal misshandelten, wurden vier Jugendliche zu mehreren Jahren Haft verurteilt.

Nach einem Überfall auf einem Berliner U-Bahnhof hat sich das Leben eines 34-jährigen Familienvaters für immer verändert. Am Donnerstag hat nun das Berliner Landgericht die vier jugendlichen Täter zu Strafen von dreieinhalb bis fünf Jahren Haft verurteilt.

Sie hatten ihr Opfer geschlagen, getreten und eine Treppe hinuntergestürzt. Als sich der Mann hilflos am Boden zusammengekauert hatte, traf ihn mit voller Wucht eine Flasche am Kopf. Mit einem Schädelbruch und Hirnblutungen kam er in eine Klinik.

"Öffentliche Verkehrsmittel sind kein Kriegsschauplatz für junge Männer, überschießende Aggressionen auszuleben", begründete Richter Kai Dieckmann sein "hartes Urteil". Bei einer so schwerwiegenden Tat sei es geboten, den Angeklagten schmerzhaft klarzumachen, dass sie Grundregeln der Gesellschaft missachtet haben. Die von der Verteidigung beantragte Bewährung sei trotz Reue und Ansätzen zur Wiedergutmachung mit Schmerzensgeldzahlungen nicht möglich.

Fälle brutaler Gewalt im öffentlichen Nahverkehr sorgen immer wieder bundesweit für Entsetzen. In München wurde vorigen Monat ein 50-jähriger Manager zu Tode misshandelt, der Kinder vor Gewalt schützen wollte. Im Juni wurde ein 44-jähriger Mann in Hamburg wegen 20 Cent von Jugendlichen so schwer verletzt, dass er 20 Tage später starb.

Die Berliner Freunde im Alter von 17 bis 19 Jahren hatten sich in einem Park getroffen. Drei tranken große Mengen Wodka. "Wir haben uns aufgeputscht, wir haben uns gegenseitig aggressiv gemacht", hatte der 19-Jährige im Prozess bekannt. Die Jugendlichen brachten sich in eine Stimmung aus Hass und negativer Energie, argumentierte das Gericht. Sie waren bereit, sich unbeteiligte Opfer zu suchen. Auf dem Heimweg hatten sie zunächst zwei andere Männer in der U-Bahn angegriffen.

Der Familienvater war im Bahnhof Berlin-Haselhorst auf einer Bank eingenickt. Er hat kaum Erinnerungen an den Überfall. Blutüberströmt hatte er sich nach Hause geschleppt. Zwei Operationen waren nötig. "Es reißt mich aus dem Leben", hatte der Vater von zwei Töchtern im Alter von sechs und acht Jahren als Zeuge ausgesagt. Aber er müsse stark für die Familie sein.

"Ich gerate von Null auf Hundert, wie das HB-Männchen", hatte der 34-Jährige Nebenwirkungen der Tabletten beschrieben. Ein epileptischer Anfall im Sommer warf seine Genesung um Monate zurück. Die Ärzte teilten ihm mit: "Das ist für immer".

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