Archäologie:Die hohe Kunst des Mumifizierens

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Forscher finden in Ägypten die Werkstatt eines Einbalsamierers. Wird nun das Rätsel gelöst, wie genau die Toten haltbar gemacht wurden?

Von Anna Reuß

Südlich der König-Unas-Pyramide in der Totenstadt von Sakkara, wo die ältesten Gräber 5000 Jahre alt sind, schwirrt die Luft. Trotz der Hitze sind viele Leute gekommen, schreibt die staatliche ägyptische Zeitung Al-Ahram , um einen Blick auf das zu erhaschen, was als Jahrhundertentdeckung gilt. In der Nekropole am Nilufer, die nur etwa 20 Kilometer von den Pyramiden von Gizeh entfernt liegt, entdeckte ein deutsch-ägyptisches Forscherteam eine Mumifizierungswerkstatt mit verschiedenen Kammern und eine vergoldete Priestermaske. Die Ausgrabungen wurden am Samstag der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Minister für Altertümer, Khaled El-Anany, sagte Al-Ahram: "Eine Sammlung von 35 Mumien sowie vier versiegelte Sarkophage wurden freigelegt." Die vergoldete Maske aus der Zeit zwischen 664 und 404 vor Christus, die in einer der Grabkammern gefunden wurde, sei eines der wichtigsten Stücke bei dieser Ausgrabung. Wissenschaftler der Universität Tübingen, die die Grabanlage untersuchten, sprechen ebenfalls von einer Sensation: "Nur sehr wenige Masken aus Edelmetall sind bis heute erhalten, weil die Mehrzahl der Gräber altägyptischer Würdenträger schon in der Antike geplündert wurden", sagt Ramadan Badry Hussein, unter dessen Leitung die Artefakte geborgen wurden. Die Tübinger erforschen die Totenstadt seit zwei Jahren. Sie nutzen Laser- und 3-D-Technik, um die komplexe Grabanlage zu erfassen.

Einblicke in das Reich der Toten: Forscher von der Uni Tübingen haben in Ägypten mehrere Mumien gefunden. (Foto: Mohammed Abd El Ghany/Reuters)

Die Maske mit Seltenheitswert soll Schätzungen der Forscher zufolge zwischen 600 und 400 vor Christus entstanden sein. Sie besteht aus Silber und ist teilweise vergoldet. Sie lag auf der Mumie eines hohen Priesters, die in einem stark beschädigten Holzsarg lag. Die Augen der 18 mal 23 Zentimeter großen Maske sind aus Edelstein, Kalzit und vulkanischem Gesteinsglas modelliert. "Seit 1939 ist keine ähnliche Maske mehr entdeckt worden", sagt Grabungsleiter Hussein. Selbst in Königsgräbern fanden Ägyptologen nur selten Masken aus Edelmetallen - meist waren sie bereits von Grabräubern gestohlen worden. "Silber war damals seltener und teurer als Gold", erklärte Hussein. Bisher wurden überhaupt nur drei solcher Silbermasken in Privatgräbern gefunden.

Auf das Grab des Priesters und weitere Grabstätten waren die Archäologen in circa 30 Metern Tiefe gestoßen, er trug die Titel "zweiter Priester der Mut" und "Priester der Niut-schi-es" - beides Göttinnen der ägyptischen Mythologie. Er lebte wohl zur Zeit der 26. Dynastie. Der Holzsarg war laut Al-Ahram einst mit dem Bild der Göttin Niut bemalt worden, der Mutter des Osiris, des Gottes der Toten und Herrschers der Unterwelt. In den Gräbern fanden die Forscher außerdem Kanopen - Gefäße, in denen die alten Ägypter Eingeweide separat vom Leichnam aufbewahrten.

Unter den Fundstücken war auch diese Totenmaske mit großem Seltenheitswert. (Foto: Khaled Desouki/AFP)

Der außergewöhnliche Fund wird wohl auch einen Beitrag zur Erforschung der hohen Kunst des Mumifizierens beitragen: Die Wissenschaftler legten Überreste eines Gebäudes aus Lehmziegeln und Kalkstein frei, die zu einer Werkstatt zur Konservierung von Leichnamen gehören. In der Truhe des Einbalsamierers wurden Messbecher mit Beschriftung gefunden. Der Fund wird unter Ägyptologen als Sensation gewertet, da daran abgelesen werden kann, welche Öle und welche Technik der Einbalsamierer verwendet hat. Zwei große Becken in der Grabanlage von Sakkara dienten offenbar der Verarbeitung von Natron, mit dem die Körper getrocknet wurden, sowie zur Vorbereitung der Leinenbinden.

Erst wenige Tage zuvor hatte das ägyptische Ministerium für Altertümer einen Sensationsfund vermeldet: In der Mittelmeerstadt Alexandria war ein 2,65 Meter langer schwarzer Sarkophag aus Granit auf einer privaten Baustelle entdeckt worden. Wie beim außergewöhnlichen Fund in Sakkara waren hier vermutlich ebenfalls keine Grabräuber zugange gewesen: Weil Korpus und Deckel des Sarkophags noch fest mit Mörtel versiegelt sind, vermuten Wissenschaftler, dass der Sarkophag seit der Antike verschlossen blieb. Das Ministerium für Altertümer schätzt, dass er aus der Zeit der Ptolemäer stammt, die von 323 vor Christus an über Ägypten herrschten, nachdem Alexander der Große verstorben war. Wann der Sarkophag geöffnet wird, steht noch nicht fest.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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