Anschlag auf "Charlie Hebdo":Ermittler fahnden nach weiteren Attentätern

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  • Aus der Durchsuchung eines von Amedy Coulibaly gemieteten Hauses haben sich offenbar Hinweise auf einen vierten Komplizen der Attentäter von Paris ergeben.
  • Die Rede ist inzwischen von einer möglicherweise sechsköpfigen Terrorzelle.
  • Die Ermittler prüfen zudem mögliche Verbindungen nach Madrid.
  • Die ersten Opfer der Anschläge sind beigesetzt worden.

20 Menschen sind tot - darunter die Brüder Said und Chérif Kouachi und Amedy Coulibaly, deren Taten Frankreich vergangene Woche drei Tage lang in Atem hielten und das Land in ein nationales Trauma stürzten. Die Täter können sich nicht mehr zu ihren Motiven äußern - und nicht zu möglichen Komplizen. Zu beiden Fragen ermitteln die Behörden deswegen unter Hochdruck. Eine neue Spur könnten sie nun in einem Haus im Pariser Vorort Gentilly gefunden haben, das Amedy Coulibaly offenbar als Waffenlager genutzt hatte.

Schon am Wochenende hatten Einsatzkräfte das Haus durchsucht und dem französischen Sender RTL zufolge dort automatische Waffen, Flaggen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Sprengsätze und Bargeld entdeckt - und offenbar Hinweise auf einen vierten Verdächtigen.

Auf der Spur des unbekannten Komplizen

Die Nachrichtenagentur AP meldete am Mittwoch unter Verweis auf einen Polizeibericht, dass es den Ermittlern gelungen sei, anhand der Spuren in Gentilly einen möglichen vierten Angreifer zu identifizieren, "indem die Fahnder der Spur des Geldes und der Versorgungssysteme der drei bekannten Mörder" folgten. Nähere Angaben zu dieser mysteriösen vierten Person gab es jedoch nicht.

Die Tageszeitung Le Parisien berichtete allerdings, dass ein beschlagnahmter Motorroller die Beamten auf die Spur des unbekannten Komplizen geführt habe. Dieser verfüge über ein umfangreiches Vorstrafenregister und sei möglicherweise nach Syrien geflüchtet.

Hayat Boumeddiene weiter auf der Flucht

In der AP-Meldung von Mittwoch heißt es weiter, womöglich seien die Kouachi-Brüder und Coulibaly Teil einer insgesamt sechsköpfigen Terrorzelle gewesen. Dazu gehört neben dem möglichen vierten Attentäter mutmaßlich auch Hayat Boumeddiene, die flüchtige Lebensgefährtin von Amedy Coulibaly, die als hochgefährlich eingestuft wird. Einen Tag nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo überquerte sie von der Türkei aus die Grenze nach Syrien. Dort verliert sich ihre Spur. Der Sender Radio France International berichtet, Boumeddiene sei am 8. Januar gemeinsam mit einem 23-Jährigen nach Syrien gereist. Damit wäre die Terrorzelle aus sechs Personen komplett.

In die Türkei war Boumeddiene von Spanien aus gelangt. Sie landete am 2. Januar in Istanbul mit einem Flugzeug aus Madrid. Die spanische Zeitung La Vanguardia berichtet nun, dass sich ihr Lebensgefährte Amedy Coulibaly ebenfalls über den Jahreswechsel in Madrid aufgehalten habe. Coulibaly sei vom 30. Dezember bis zum 2. Januar in der spanischen Hauptstadt gewesen, berichtet die Zeitung. Dem Bericht zufolge prüfen die französischen und spanischen Ermittlungsbehörden, ob Coulibaly in Madrid eine Unterstützerzelle hatte.

Der 32-jährige Extremist hatte in der vergangenen Woche bei Paris eine Polizistin erschossen, bevor er am Freitag in der französischen Hauptstadt Geiseln in einem jüdischen Supermarkt nahm. Der Attentäter, der sich in einem Internetvideo zum IS bekannte, wurde nach fünfstündiger Geiselnahme beim Zugriff der Polizei erschossen.

Beisetzungen der Opfer haben begonnen

In Jerusalem sind die vier jüdischen Opfer der Anschläge, die bei der Geiselnahme in dem Pariser Supermarkt getötet worden waren, am Mittwoch beigesetzt worden. Ebenso der Karikaturist Jean Cabut, genannt Cabu. Er wurde auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Châlons-en-Champagne beigesetzt. Der Zeichner Wolinski, der Karikaturist Tignous, Redaktionsmitglied Elsa Cayat, der Wirtschaftswissenschaftler Bernard Maris und der Polizist Franck Brinsolaro werden am Donnerstag an verschiedenen Orten zu Grabe getragen.

Die Beisetzung von Charlie-Hebdo-Chefredakteur Stéphane Charbonnier, kurz Charb, wird streng privat verlaufen; für Freitag ist eine Trauerfeier geplant. Dann soll auch der Zeichner Honoré auf dem berühmten Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt werden.

Lebensretter bekommt französische Staatsbürgerschaft

Der nach den Terrorattacken als "Held von Paris" gefeierte Lassana Bathily bekommt die französische Staatsbürgerschaft. Der 24 Jahre alte Flüchtling aus Mali hatte während der Geiselnahme in einem koscheren Supermarkt im Pariser Osten mehrere Kunden vor dem Terroristen Coulibaly versteckt. Innenminister Bernard Cazeneuve wird ihm nach Angaben seines Ministeriums vom Donnerstag in der kommenden Woche die Staatsbürgerschaft verleihen. Bathily lebt seit 2006 in Frankreich und will seit dem vergangenen Jahr Franzose werden.

© Süddeutsche.de/AFP/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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