Anruf bei einem Wirt, der Küsse verbietet:"In meinen Augen ist es sexuelles Vorspiel"

Lesezeit: 2 min

Gut in Santiago, Chile - schlecht zumindest in einem Cafe in Österreich: Küssendes Paar (Foto: dpa)

Der Rausschmiss eines schmusenden Pärchens brachte dem Chef des Innsbrucker Restaurants "Insieme" böse Schlagzeilen ein. Im Gespräch mit der SZ erklärt Kurameddin Korkmaz seine Prinzipien - und sagt, warum er eigentlich nichts gegen Küsse hat.

Von Martin Langeder

Küsse, Händchenhalten und Streicheln: Immer wieder kommen sich die Gäste im Innsbrucker Lokal "Insieme" näher als Chef Kurameddin Korkmaz lieb ist. Kurzerhand hängte er neben die Hausordnung einen Zettel mit dem Hinweis: Zärtlichkeiten verboten! Wer sich nicht daran hält, den schmeißt der Wirt raus.

SZ: Herr Korkmaz, wie viele Leute bewirten Sie gerade in Ihrem Lokal?

Kurameddin Korkmaz: 30 bis 40 Gäste. Sie lesen Zeitung, trinken Kaffee, essen Pizza oder Salat.

Alles anständig.

Ja. Wir sind sehr zufrieden.

Wie kam es zu dem Aushang, dass Zärtlichkeiten zu unterlassen sind ?

Den haben wir doch schon vor zehn Jahren angebracht, als es einige unschöne Vorfälle gegeben hat. Aber vor Kurzem gab es wieder eine Situation, die das alles wieder in die Diskussion gebracht hat.

Was ist passiert?

Ein Mann saß im Lokal und hat Kaffee getrunken. Dann ist seine Frau dazugekommen und hat ihn auf den Mund geküsst.

So weit, so normal.

Natürlich. Ich bin Türke, und in meiner Heimat ist es gang und gäbe, dass wir uns umarmen und Bussi links und Bussi rechts geben. Auch die Männer. Aber die Dame hat sich dann zu ihrem Mann gesetzt und ihn zwischen den Beinen gestreichelt. Darauf bin ich hingegangen und habe gesagt: Die Rechnung geht aufs Haus, aber bitte trinken Sie Ihren Kaffee woanders.

Wie hat das Paar reagiert?

Anstatt sich zu schämen, sind sie zur Zeitung gegangen und haben sich beschwert.

Also ist Küssen zur Begrüßung erlaubt, und alles Weitere ist tabu?

Ja. Warum schmust man? In meinen Augen ist es ein sexuelles Vorspiel. Das will ich nicht haben. Die Leute sollen sich in der Öffentlichkeit beispielhaft benehmen. Ich küsse meine Freundin ja auch, wenn ich sie begrüße. Aber eben nicht mehr.

Haben Sie schon einen Blick für Paare, die auffällig werden könnten?

Ich bin kein Hellseher. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass es immer Leute sind, die sich nebeneinander setzen. Dann fangen sie an ihre Hände zu streicheln, gehen dazu über, ihre Oberkörper abzutasten, fangen schließlich an zu schmusen. Es ist auch schon vorgekommen, dass der eine zur Toilette geht und der andere folgt.

Ihr Lokal heißt ja "Insieme". . .

. . . das bedeutet aber nicht, dass man rumstreicheln soll. Es bedeutet "gemeinsam" auf Italienisch - das ist bewusst ausgesucht, weil wir internationale Gäste haben. Aus Deutschland, Polen oder Indien.

Haben Sie schon Angst vor dem Frühling? Da schießen ja bei vielen die Hormone ein.

Es muss ja nicht jeder zu mir kommen, es gibt hier noch andere Lokale. Meine Gäste werden königlich bedient und behandelt. Aber es gibt ein Sprichwort: Solange sich der König königlich benimmt, behandelt man ihn auch königlich.

© SZ vom 06.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: