Amoklauf von Winnenden:Tim K.s Vater wird angeklagt

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Dem Vater des Amokläufers von Winnenden muss wohl doch vor Gericht. Er hatte die spätere Tatwaffe im Schlafzimmer versteckt, anstatt sie im Waffenschrank einzusperren.

Dem Vater des Amokläufers von Winnenden wird nun aller Voraussicht nach doch der Prozess gemacht. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat eine entsprechende Verfügung erlassen. Ministeriumssprecher Stefan Wirz sagte, damit sei klar, dass das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung nicht eingestellt oder mit einem Strafbefehl abgeschlossen werden könne.

Mit der Waffe seines Vaters hatte der Amokläufer von Winnenden, Tim K., im März 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet. (Foto: Foto: dpa)

Jörg K. hatte in seinem Schlafzimmer die Waffe versteckt, mit der sein 17-jähriger Sohn Tim auf die Schüler der Albertville-Realschule geschossen hat. Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger sagte den Stuttgarter Nachrichten: "Es gibt Aspekte, die gegen einen Strafbefehl sprechen."

Auf Medienberichte, wonach die Stuttgarter Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Vater mit einem Strafbefehl beenden wolle, hatten die Angehörigen der Opfer des Amoklaufs empört reagiert. Sie forderten einen Prozess. Der 50-Jährige habe "grob sorgfaltswidrig" seinem "psychisch kranken" Sohn den "Zugang zu einer Waffe und 400 Schuss Munition ermöglicht", erklärten sie.

Bevor die Staatsanwaltschaft verkündete, dass Anklage erlassen wird, wurde von der Behörde unter anderem die Frage geprüft, ob das bei einem Strafbefehl höchstmögliche Strafmaß von einem Jahr auf Bewährung angesichts des "verheerenden Charakters" der Bluttat ausreichend sei. Offenbar hat die Aufsichtsbehörde dies verneint und entschieden, dass es zu einer mündlichen Gerichtsverhandlung kommt. Der Mann könnte nun eine höhere Strafe für sein fahrlässiges Verhalten bekommen.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern. "Kein Kommentar", sagte eine Behördensprecherin. Sie stufte die Äußerungen aus dem Ministerium als voreilig ein. Es handle sich um einen rein internen Vorgang, hieß es.

Bei dem Amoklauf am 11. März hatte der 17-jährige Täter mit der Waffe und Munition seines Vaters in Winnenden und Wendlingen 15 Menschen erschossen, bevor er sich selbst richtete. Seitdem wird gegen den Vater wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Er hatte die Tatwaffe, eine Neun-Millimeter-Pistole ungesichert im Schlafzimmer versteckt und soll auch größere Mengen Munition ungesichert aufbewahrt haben, obwohl dies gegen das Waffengesetz verstößt und sein Sohn zeitweise in psychiatrischer Behandlung war. Der Unternehmer, der mit seiner Familie in Weiler am Stein lebte und in einem Nachbarort von Winnenden eine Firma betreibt, hatte als Mitglied des Schützenvereins Leutenbach insgesamt 16 Waffen.

Die Eltern von Tim K. waren nach der Tat aus Weiler am Stein weggezogen und hatten in einem Brief den Hinterbliebenen ihr tiefstes Mitgefühl ausgesprochen. Diese reagierten aber enttäuscht auf das Schreiben, weil es keine persönliche Note enthalten habe.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/abis/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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