Zum Frauentag:Das weibliche München

Forscherin, Frauenrechtlerin, Widerstandskämpferin: Ein Spaziergang durch das München außergewöhnlicher Frauen.

Anna Fischhaber

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Forscherin, Frauenrechtlerin, Widerstandskämpferin: Ein Spaziergang durch das München außergewöhnlicher Frauen.Wer auf den Spuren berühmter Frauen in München wandeln will, sollte seinen Rundgang in der Theatinerstraße 7 beginnen. In der von Heinrich Thannhauser neu eingerichteten Galerie fand 1909 die erste Ausstellung der "Neuen Künstlervereinigung München" statt. Zu der Vereinigung, die später den Blauen Reiter begründete, gehörten neben Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky auch Marianne Werefkin (Selbstporträt) und Gabriele Münter (kleines Foto).Die russische Malerin Werefkin hatte bereits seit Jahren in Schwabing einen "rosafarbenen Salon" betrieben, in dem die Avantgarde ein- und ausging. Gesellschaftlich versiert, war sie es auch, die für ihren einige Jahre jüngeren Partner Jawlensky die Beziehungen knüpfte. Münter verfolgt mit großem Interesse die abstrakten Bilder ihres Gefährten Kandinsky, blieb jedoch selbst ihrem eigenen Stil, der figurativen Malerei, treu.Einige ihrer Landschaftsszenen und Porträts, die oft auf das Wesentliche reduziert sind und durch ihre humorvolle Darstellung bestechen, sind heutzutage im Lenbachhaus zu sehen.Fotos: gemeinfrei, eigenes Werk, veröffentlicht unter der GNU Free Documentation License

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Weiter geht es zur Theatinerkirche, die nur ein paar Schritte weiter am Odeonsplatz gen Himmel reckt. Was nur wenige wissen: Das im Stil des italienischen Spätbarock erbaute Wahrzeichen verdanken die Münchner Henriette Adelaide - genau wie auch das Schloss Nymphenburg. 1659 hatte die Kurfürstin das Gelübde abgelegt, als Dank für die Geburt eines Erbprinzen die "schönste und wertvollste Kirche" errichten zu lassen.Als wichtige Beraterin ihres Ehemanns Ferdinand Maria war es ein Leichtes, ihn zum Bau der Theatinerkirche zu überreden. Henriette Adelaide holte dafür zahlreiche italienische Künstler an den Münchner Hof.Die Kurfürstin, die ursprünglich den König von Frankreich hatte heiraten wollen, beeinflusste die bayerische Politik außerdem stark zu Gunsten Frankreichs, was schließlich zu einem gegen die Habsburger gerichteten Bündnis führte. Der Langeweile des Hoflebens entfloh sie, indem sie das Jagen lernte. Legendär sollen ihre rauschenden Feste gewesen sein. Als im April 1674 ein Feuer die Residenz zerstörte, rettete sie in Abwesenheit Ferdinands barfuß und unter Lebensgefahr ihre Kinder. Heute liegt Henriette Adelaide in der Fürstengruft der Theatinerkirche begraben.Foto: gemeinfrei

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Gegenüber der Theatinerkirche befindet sich die königliche Residenz, die von Löwen bewacht wird. Dass es Glück bringt über die Nase einer der Raubtiere zu streichen, kann man in jedem Reiseführer nachlesen. Die Tradition soll auf die Irin Elizabeth Rosanna Gilbert - besser bekannt als Tänzerin Lola Montez - zurückgehen.Nachdem das Nationaltheater in München sie abgelehnt hatte, nahm Ludwig I. sie als Geliebte bei Hofe auf. Als Ministerpräsident Karl von Abel sich weigerte, sie einzubürgern, setzte ihn der König kurzerhand ab. Die Münchner mochten Lola Montez nicht, die am liebsten in Hosen und mit einer Reitpeitsche bewaffnet, zigarrenrauchend durch die Stadt zog. Als sie die Universität besuchte, die Frauen damals nicht studieren ließ, kam es sogar zu Handgreiflichkeiten.Kurz darauf hing ein Zettel mit Beschimpfungen an der Residenz. Der wütende Ludwig I. glaubte an eine Revolte und setzte ein Kopfgeld aus. Wenig später meldete sich ein Student. Der König soll so überrascht gewesen sein, dass er ihm das Geld gab und ihn gehen ließ.Überglücklich, dass es sich bei dem Täter nur um einen einzelnen handelte, soll er sich auf einen der bronzenen Löwen gesetzt und ihn gestreichelt haben. Seitdem bringt das jedem, der die Löwennase rubbelt, Glück und Reichtum.Foto: dpa

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Zu Unrecht hat eine Bewohnerin der Residenz bis heute nur wenige Spuren in der bayerischen Geschichtsschreibung hinterlassen: Prinzessin Therese von Bayern. Die einzige Tochter von Prinzregent Luitpold blieb unverheiratet. Sie galt als eigenwillig und selbstbewusst und hatte für eine Frau im späten 19. Jahrhundert ungewöhnliche Interessen.Auf ihren abenteuerlichen Reisen durch Europa und Amerika erforschte sie anthropologische, ethnologische und archäologische, botanische und zoologische Phänomene. Ihrer Sammeltätigkeit verdanken die Münchner Museen wertvolle Schätze - allen voran das Völkerkundemuseum, dem sie 1000 Objekte von Indianern vermachte.Aber die Prinzessin war nicht nur Forschungsreisende, sondern auch Schriftstellerin und Mäzenin und eine über Fächergrenzen hinweg vielseitig interessierte Gelehrte. Ihr Wissen hatte sie im Selbststudium erworben, nachdem Frauen damals Gymnasium und Universität verwehrt waren. Dennoch war sie das erste - und bis heute einzige - weibliche Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Als erste Frau bekam sie außerdem von der LMU 1897 die Ehrendoktorwürde verliehen. Bis heute setzt sich die Therese-von-Bayern-Stiftung für die Förderung von Frauen in der Wissenschaft ein.Foto: Heigl

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Durchquert man von der Residenz aus den Hofgarten stößt man am Ende der Diagonale auf einen Quader, der den Zugang zur Galerie, die zur Staatskanzlei führt, versperrt. Das Mahnmal erinnert an die Weiße Rose und deren Mitglied Sophie Scholl . "Jeder Mensch hat einen Anspruch auf einen brauchbaren und gerechten Staat, der die Freiheit des Einzelnen als auch das Wohl der Gesamtheit sichert", wird hier aus einem Flugblatt der Widerstandsgruppe zitiert.Sophie Scholl begann 1942 in München Biologie und Philosophie zu studieren. Durch ihren älteren Bruder Hans lernte sie andere Studenten kennen, die sie in ihrer Ablehnung der NS-Herrschaft bestärkten. Obwohl ihr Bruder sie aus dem Kreis der Widerständigen heraushalten wollte, schloss sie sich der Gruppe an. Entschlossen zu öffentlicher Kritik beteiligte sie sich an den Flugblättern.Beim Auslegen des sechsten Aufrufs gegen Hitler im Lichthof der LMU wurde sie von einem Hausmeister beobachtet. Scholl wurde verhaftet und am 18. Februar 1943 wegen Hochverrats angeklagt. Innerhalb von vier Tagen wurden Sophie Scholl, ihr Bruder Hans und ihr Freund Christoph Probst hingerichtet.Am Tag ihrer Hinrichtung soll sie gesagt haben: "So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich soll gehen. Aber wie viele müssen heutzutage auf den Schlachtfeldern sterben, wie viel junges, hoffnungsvolles Leben. Was liegt an meinem Tod, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt und geweckt werden."Foto: dpa

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Jenseits des Hofgartens stößt man auf die Von-der-Tann-Straße. Im Haus Nummer 15 wurde 1887 das Hofatelier Elvira, auch Salon Elvira genannt, von Anita Augspurg (ganz rechts) und Sophia Goudstikker gegründet. Das Fotografenstudio war das erste Frauenunternehmen Deutschlands und von Anfang an ein Treffpunkt für Künstler.Augspurg selbst war nicht nur Fotografin, Schauspielerin und Weltreisende, sondern auch die erste Juristin Deutschlands. Die Münchnerin galt als Galionsfigur der internationalen Frauenbewegung. Mit Reden, Artikeln, Briefen und Flugblättern überzog sie den von ihr verachteten Männerstaat.Mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann engagierte sie sich im Verband fortschrittlicher Frauenvereine und trat für das Frauenstimmrecht ein. In der Zeitschrift Die Frau im Staat kämpfte sie für feministische, radikaldemokratische und pazifistische Positionen und für den weiblichen Boykott von Krieg, Kolonialismus und Wiederaufrüstung.Als Anfang 1923 in München eine Versammlung der Friedensgesellschaft von Nazitruppen gesprengt wurde, erschien eine Frauendelegation, geführt von Anita Augspurg zu einer Unterredung beim bayerischen Innenminister Franz Schweyer. Die Frauen forderten die sofortige Ausweisung Hitlers aus Bayern. 1933 konnte Augspurg nicht von einer Reise zurückkehren, weil sie auf der "schwarzen Liste" der zu liquidierenden Personen der NSDAP stand. Sie lebte fortan gemeinsam mit Heymann im Schweizer Exil.Foto: gemeinfrei

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Von der Von-der-Tann-Straße geht es in die Kaulbachstraße. Hier befand sich die Wohngemeinschaft von Franziska zu Reventlow, die als "Schwabinger Gräfin" in die Geschichte der Münchner Moderne einging.Zwischen 1903 und 1906 lebte sie in dem Eckhaus Nummer 63, das inzwischen abgerissen wurde, mit ihrem Freund Bohdan von Suchocki und Franz Hesse, der die WG finanzierte.Schon früh hatte Reventlow zu Hause rebelliert. Nach München war sie gekommen, um ihr Malstudium fortzusetzen. Reventlow führte ein eigenständiges, wenn auch von dauernder finanzieller Not gekennzeichnetes Bohème-Leben. 1897 wurde ihr Sohn Rolf geboren, den Namen des Vaters verschwieg sie zeitlebens.Reventlow schrieb für Zeitschriften und arbeitete am Theater am Gärtnerplatz. Nicht wenige Einkünfte verdankte sie der Schnorrerei und den Spenden ihrer männlichen Bekanntschaften.Ihre Erfahrungen mit der Münchner Künstlerszene - vor allem mit dem "Kosmiker"-Kreis um Stefan George, der sie wegen ihrer Freizügigkeit die "heidnische Madonna" getauft hatte - verarbeitete sie in ihrem Schlüsselroman "Herrn Dames Aufzeichnungen".Nicht weit von Reventlows Wohngemeinschaft, ebenfalls in der Kaulbachstraße, lebten lange Zeit eine der "klügsten Frau Europas", wie die Dichterin Ricarda Huch von Thomas Mann genannt wurde. Und auch die Puppenkünstlerin Lotte Pritzel, die von Rainer Maria Rilke verehrt wurde, war hier zu Hause.Weitere Informationen zu München und seinen berühmten Frauen bekommen Sie bei einer Kunsttour zum Thema "Außergewöhnliche Frauen in München". Anmeldung unter www.kunst-tour.deFoto: gemeinfreiText: Anna Fischhaber(sueddeutsche.de/sonn)

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