Zu viel oder zu wenig?:Drahtseilakt

Lesezeit: 2 min

BR-Intendant Wilhelm braucht für die Finanzierung diplomatisches Geschick

Von Christian Krügel, München

Der Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) gilt gemeinhin als eine der mächtigsten Personen im Freistaat, zumal wenn er, wie der derzeitige Amtsinhaber Ulrich Wilhelm, hervorragende Beziehungen zu CSU und Staatsregierung hat. Ausgerechnet er muss aber gerade erleben, wie man in dieser Position auch zwischen alle Stühle geraten kann.

Seit seinem Amtsantritt 2011 hatte sich Wilhelm vehement für ein Konzerthaus als Heimstatt der BR-Orchester eingesetzt. Für einige in der CSU-Landtagsfraktion und der Staatsregierung ist der Intendant dabei aber etwas zu forsch und fordernd aufgetreten. Gerade so, als ob es eine Selbstverständlichkeit sei, dass der Freistaat den BR-Orchestern einen Top-Konzertsaal hinstelle. Vor allem in Fraktion, aber auch in Staatskanzlei und Finanzministerium hätte man gerne etwas mehr Demut gesehen, zumal einigen der zunehmend CSU-unabhängige Kurs des Senders missfiel. Mit dem Beschluss der Staatsregierung, im Werksviertel zu bauen, hat sich Wilhelm letztlich aber durchgesetzt - was ihm keine neuen Freunde in der Landtagsfraktion eingebracht hat. "Einige wollen ihn jetzt piesacken, wo es geht", heißt es - und am besten geht das beim Geld. Die unausgesprochene Drohung: Wenn der BR nicht stärker zur Finanzierung des Baus beiträgt, müsse man dem Projektbudget ja nicht zustimmen. Das, was Wilhelm in Aussicht gestellt habe, sei zu wenig.

Dabei ist das aus Sicht des BR schon ziemlich viel. Wilhelm hatte zugesagt, dass sein Sender die technische Ausstattung des Saales finanzieren werde. Außerdem könnte man die Miete für die Orchester im Voraus bezahlen, und auch ein Erstbelegungsrecht für das BR-Symphonieorchester würde man sich was kosten lassen. Eine niedrige zweistellige Millionensumme könnte so zusammenkommen, so Wilhelm. Mehr gehe aus gebührenrechtlichen Gründen nicht. Zu wenig - heißt es aus den Wilhelm-kritischen Kreisen in der CSU. Zu viel - heißt es aus den Wilhelm-kritischen Kreisen im BR. Der Sender muss einerseits drastisch sparen, andererseits für sein neues Zentrum in Freimann ohnehin viel investieren. Viele BR-Mitarbeiter sehen es daher schon äußerst kritisch, dass an den Orchestern bislang kaum gespart werde. Dass diesen nun auch noch mit BR-Mitteln ein luxuriöser Saal hingestellt werden soll, empört manchen.

Ulrich Wilhelm muss also einen diplomatischen Drahtseilakt hinlegen. "Wir befinden uns in intensiven Gesprächen", heißt das dann offiziell aus Kunstministerium und BR. Dem gelernten Juristen Wilhelm könnte eine rechtliche Prüfung der Sache helfen. Denn ein Kompromiss könnte sein, dass der Sender das Erstbelegungsrecht für das BR-Symphonieorchester kapitalisiert. Zu deutsch: Der BR zahlt im Voraus einen großen Batzen Geld dafür, dass sein Vorzeigeorchester freie Saal- und Terminwahl hätte. Dieses Geld dürfte Wilhelm aber nicht aus den laufenden Rundfunkgebühren nehmen. Sein Sender bräuchte dafür einen Kredit. Und damit käme die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ins Spiel. Wenn gebührenfinanzierte Sender zusätzlich Geld aufnehmen möchten, muss die KEF stets prüfen, ob das betriebswirtschaftlich begründet ist oder das Geld in Betriebsanlagen fließt - wie etwa beim Sendezentrum Freimann. Lehnt die KEF einen Kredit in Sachen Konzertsaal ab, wäre Wilhelm womöglich aus dem Schneider und die Staatsregierung nebst CSU-Fraktion vielleicht zufrieden. Doch ob, wann und wie die KEF sich der Sache annimmt, ist noch offen.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: