Zephyr Bar:Reue im Briefkuvert

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"Bitte verzeih mir": Eine Postkarte hat Charlie Worsham an die Zephyr Bar geschickt - nebst 120 Euro, was auch reichlich Trinkgeld bedeutet. (Foto: Lukas Motejzik)

Wie ein Country-Sänger nach Wochen seine Zeche beglich

Von Liza Marie Niesmak

Sitzt ein Country-Sänger aus Nashville in einer Bar in München. Bestellt "2 Gin Getränke" und "6 Schüsse". Bemerkt, dass er kein Bargeld hat. Rennt zum Bargeldautomaten, der in solchen Fällen nie funktioniert, gerät in Panik und läuft davon. Zurück in Nashville lässt Charlie Worsham, so heißt der Mann, sein schlechtes Gewissen keine Ruhe. Er verfasst also (im besten Google-Translator-Deutsch) ein Schuldeingeständnis auf einer Postkarte und steckt diese in einen Umschlag - zusammen mit einem Batzen Geld, der sowohl die Rechnung deckt als auch ein großzügiges Trinkgeld beinhaltet.

Einige Wochen später erreicht der Umschlag die Zephyr Bar an der Baaderstraße. Lukas Motejzik, der seit sechs Jahren dort arbeitet, erinnert sich noch genau an Worsham. Denn dass Gäste die Zeche prellen, komme im Zephyr eher selten vor. "Der war zuerst total nett und hat alle eingeladen", sagt Motejzik. "Dass er dann einfach abgehauen ist, hat mich schon sehr geärgert." Umso gerührter ist er, als ihn die Entschuldigung in Worshams krakeliger Handschrift erreicht: "Er klingt wie ein kleines Kind, das um Verzeihung bittet. Das ist einfach schön und menschlich." Auch davon, dass Worsham Euro-Scheine besorgt hat, ist Motejzik angetan. Das alles drückte er in einem Post im sozialen Netzwerk Instagram aus, der viel Zuspruch erhielt. Außerdem will er Worsham antworten und ihm sagen, "was für ein geiler Typ er ist". Der Country-Sänger aus Nashville, der seine Zeche geprellt hat, wird zum Helden und Vorbild.

Das ist ein bisschen seltsam. Weil ja niemals all die braven Bürger, die ordentlich ihre Rechnung begleichen, so gefeiert würden wie der reumütige Country-Sänger. Kein Zechpreller zu sein, ist eben keine Leistung. Ein geläuterter Zechpreller zu sein, hingegen schon. So sollte mal ein Lob ausgesprochen werden an alle, die auch nach sechs "Schüssen" bezahlen. Einfach so.

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© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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