Wolfratshausen/Geretsried:Verfahrene Lage bei Carsharing KG

Lesezeit: 3 min

In der Kontroverse um die zahlungsunfähigen Tochtergesellschaft der Energiewende Oberland überziehen sich die Beteiligten gegenseitig mit Vorwürfen. Jetzt steht eine Klage wegen Insolvenzverschleppung im Raum.

Thekla Krausseneck

33 000 Euro wird die Energiewende Oberland (EWO) GmbH aufbringen müssen, um die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren ihrer Tochtergesellschaft Carsharing KG zu bezahlen. Das stellt ein Gutachten des Insolvenzverwalters Hans-Christian Detzer fest. Mit einer Klage wegen Insolvenzverschleppung droht währenddessen Bernhard Felsch von der EWO-Bürgerstiftung: Bereits im Sommer 2011 habe sich die Insolvenz abgezeichnet, sagt er, erklärt wurde der Bankrott aber erst März 2012. Ob Felsch seine Drohung in die Tat umsetzt, hängt davon ab, ob alle Gläubiger ihr Geld zurückbekommen. Damit rechnet Detzer jedoch nicht. Bis Donnerstag, 20. September, wenn die Prüfung vor dem Insolvenzgericht stattfindet, will Felsch sich entschieden haben.

Monatelang, so hat es den Anschein, ist in der EWO, einem komplex strukturierten Unternehmen (siehe Kasten), und der Carsharing KG nicht an einem Strang gezogen worden. Nun treibt die Beteiligten die Suche nach dem Schuldigen um. Das scheint rechtlich gesehen der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer Thomas Martin zu sein. Insolvenzverschleppung liegt nach Detzers Ansicht daher nicht vor: Martin hätte als Geschäftsführer der EWO GmbH, die ohnehin für die offenen Verbindlichkeiten haftet, das Carsharing kaum bewusst an die Wand gefahren. Und doch soll Martin schon im Sommer 2011 von den finanziellen Komplikationen gewusst haben, sagt Felsch.

Martin dementiert dies, er sagt, die finanzielle Situation sei normal gewesen. Warum aber ist die Carsharing KG dann so rasch in die roten Zahlen gekommen? Martin weist die Schuld von sich. Um den laufenden Betrieb habe sich allein Michael Schurack gekümmert, der Fachmann im Verkehrsbereich. Schurack habe Kontovollmachten besessen und Autos geleast. "Ich habe noch anderes zu tun. Schurack hat alles erledigt." Sein, Martins, einziger Fehler sei gewesen, dass er Schurack zu freie Hand gelassen habe. "Das muss ich jetzt auf meine Kappe nehmen."

Schurack wiederum bewertet die Situation anders und pocht dabei vor allem auf die Eintragung im Handelsregister. Er sei kein Geschäftsführer gewesen, nur ein Ansprechpartner für Kunden. Überweisungen habe er ausschließlich nach Rücksprache mit Martin vorgenommen. Martin aber ist nicht der einzige, der ihm die Schuld zuschiebt: In einer E-Mail, die an mindestens 60 Leute geschickt worden ist, soll er vom Vorstandsvorsitzenden der Bürgerstiftung Wolfgang Seiler als derjenige bezeichnet worden sein, "der die Carsharing KG an die Wand gefahren habe", um Kunden für seine eigene Carsharing-Firma abwerben zu können. Doch auch dies ist nur eine Vermutung. "Wir können nicht genau sagen, welche Funktionen Schurack bei der Carsharing KG eingenommen hat", sagt Seiler, "es gibt da unterschiedliche Meinungen, je nach Aussage." Schurack fühlt sich bei alledem als Opfer einer Rufmordkampagne. Vor zwei Wochen hat er Strafantrag wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beleidigung bei der Staatsanwaltschaft gegen Seiler gestellt.

Darüber hinaus bezichtigt auch Schurack Martin der Insolvenzverschleppung. Mit dem Geld, das jetzt für die Insolvenz aufgebracht wird, sagt er, hätte die Carsharing KG gerettet werden können. Dem widerspricht nun aber Detzer. Im März habe bereits ein Schuldenberg über 80 000 Euro existiert. Die Gesellschaft habe kein nennenswertes Vermögen besessen, keine eigenen Autos, keine Geschäftsräume, keine Angestellten. "Man kann nur etwas fortführen, das Erfolg verspricht." Auf das Carsharing habe das nicht zugetroffen.

Fest steht für Felsch: Martin und Schurack hätten die angespannte Finanzsituation im Blick haben müssen. Felsch spricht auch von anderen Ungereimtheiten. So sei er im Mai 2011 selbst als Kommanditist eingestiegen, wie auch Martin bestätigt. Er, Felsch, habe seine Kommanditeinlage über 1000 Euro bezahlt, mit angepackt und ehrenamtlich bei der Abwicklung von Buchungen mit geholfen. Erst ein halbes Jahr später habe er zufällig erfahren, dass er noch gar nicht im Handelsregister eingetragen worden war.

Damit erhielt er auch keinen Einblick in die Bücher. Die Einlage bekam er nach der Kündigung nicht zurück - sie sei für den laufenden Betrieb aufgewandt worden. Eine Begründung habe Martin ihm nicht genannt. "Die Eintragung ins Handelsregister erfolgt nur halbjährig", erläutert Martin. Bis dahin spreche man von einer "stillen Beteiligung".

In der Zwischenzeit hat Schurack den "Autoteiler Wolfratshausen" gegründet. Dort sind auch die Städte Geretsried und Wolfratshausen Kunden.

© SZ vom 18.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: