Szyszkas Klassiker:Versöhnung mit Celan

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Meistersolisten im Isartal präsentieren Valentin Erben und Shani Diluka

Von Reinhard Szyszka

Valentin Erben - der Name ist allen Kammermusikfreunden ein Begriff. Das legendäre Alban-Berg-Quartett, das von 1971 bis 2008 bestand, wechselte in diesen 37 Jahren einmal den zweiten Geiger und zweimal den Bratscher. Zwei Musiker jedoch sorgten all die Jahre hindurch für Kontinuität: Günter Pichler an der ersten Violine, und eben Valentin Erben am Cello. Seit der Auflösung des Quartetts tourt Erben in wechselnden Besetzungen durch die Lande. Am Samstag lässt er sich gemeinsam mit der monegassischen Pianistin Shani Diluka in Icking hören.

Erben und Diluka haben ein Werk der österreichischen Komponistin Johanna Doderer im Gepäck. Bei diesem Namen denkt man natürlich an den Romanschriftsteller Heimito von Doderer ("Die Strudlhofstiege"), einen Großonkel der Komponistin. Und die Musik, die es da in Icking zu hören gibt, hat etwas mit dieser literarischen Verwandtschaft zu tun. Heimito von Doderer war in den 1950er-Jahren ein anerkannter und berühmter Autor, als er gebeten wurde, dem noch weitgehend unbekannten Dichter Paul Celan zu seiner ersten Veröffentlichung zu verhelfen. Doderer lehnte ab - zu verschieden waren die literarischen Stile und Geschmäcker, und die herzliche Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit.

Quasi als Wiedergutmachung für dieses Versäumnis ihres Großonkels beschäftigt sich Johanna Doderer nun seit einigen Jahren musikalisch mit Celan. Das Gedicht "Fadensonnen" hat es ihr besonders angetan, ein kurzer Vierzeiler, der eine optimistische lebens- und schaffensbejahende Grundstimmung ausdrückt. Doderer hat sich davon 2010 zu einer Komposition für Violoncello und Klavier inspirieren lassen, die erst kürzlich in Paris uraufgeführt worden ist. In Icking werden Valentin Erben und Shani Diluka die deutsche Erstaufführung spielen. Wenn sie sich präzise an die Tempovorschrift der Komponistin halten, dann ist das Stück auf die Sekunde genau fünf Minuten lang.

Natürlich machen fünf Minuten noch kein Konzertprogramm aus. Daher kommen auch die Klassiker in Icking nicht zu kurz. Von Ludwig van Beethoven gibt es die Variationen über "Bei Männern, welche Liebe fühlen" aus Mozarts Zauberflöte zu hören, außerdem die dritte Cellosonate in A-Dur. Und Johannes Brahms ist mit seiner ersten Cellosonate in e-Moll vertreten. Brahms, der ja ein ausgezeichneter Pianist war, hat diese Cellosonate einmal mit einem Hobby-Cellisten aufgeführt und dabei derart in die Tasten gehauen, dass sich der Cellospieler beklagte, er könne sein eigenes Spiel nicht mehr hören. "Glücklicherweise!" knurrte Brahms. Aber keine Sorge: In Icking wird Valentin Erben durchwegs bestens zu hören sein. Glücklicherweise!

Klangwelt Klassik: Sonatenabend mit Valentin Erben, Cello, und Shani Diluka, Klavier. Werke von Beethoven, Johanna Doderer und Brahms. Samstag, 12. März, 19.30 Uhr (Einführung 18.30 Uhr), Rilke-Konzertsaal, Gymnasium Icking. Karten zu 25 Euro (ermäßigt 21 Euro) bei Schreibwaren Baumgartner Icking, Buchhandlung Isartal Ebenhausen, München Ticket und Abendkasse

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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