Streit um Straßensanierung:Penzberg fürchtet Verkehrschaos

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Die Stadt will die Vollsperrung der Bundesstraße 472 zwischen Sindelsdorf und Bichl nicht hinnehmen und sucht Verbündete bei den Kommunen im Nachbarlandkreis.

Alexandra Vecchiato, Bad Heilbrunn/Penzberg

Der Stadt Penzberg droht im Sommer der Verkehrskollaps. Der Grund: Von Mitte Juni bis Ende Oktober soll die Bundesstraße 472 zwischen Bichl und Sindelsdorf für die Sanierung der Fahrbahn komplett gesperrt werden. Penzberg will sich mit den betroffenen Kommunen aus dem Nachbarlandkreis kurzschließen, um auf das Staatliche Bauamt in Weilheim einzuwirken. Die Behörde wiederum sieht keine andere Möglichkeit, die 3,5 Millionen Euro teure Sanierung durchzuziehen. Vorschläge aus Penzberg wie Ampeln zur Blockabfertigung an den Ortseingängen lehnt das Staatliche Bauamt bislang ab.

Johannes Jauß vom städtischen Ordnungsamt erwartet, dass 10 000 bis 15 000 Fahrzeuge zusätzlich am Tag durch die Penzberger Innenstadt rollen werden. Insbesondere der Schwerlastverkehr werde drastisch zunehmen. Auf solche Verkehrsmengen sei die Stadt nicht ausgelegt. In mehreren Gesprächen hatte das Ordnungsamt versucht, das Staatliche Bauamt Weilheim zum Umdenken zu bringen. So sah der Vorschlag aus Penzberg vor, die Vollsperrung für den Brückenbau nur in den Sommerferien und nachts vorzunehmen. Dies lehnt das Amt jedoch aus Kostengründen ab.

Bleibt es bei der viermonatigen Vollsperrung, hat das für Penzberg Folgen. Im Rathaus befürchtet man nicht bloß, dass die Verkehrsbelastung in den Wohnstraßen zunehmen wird, auch geplante Veranstaltungen wie die "Skate Night", der Volksfest-Einzug oder das Public Viewing bei der Fußball-Weltmeisterschaft auf dem Stadtplatz könnten nur mit Einschränkungen stattfinden, ist man sich im Ordnungsamt sicher.

Das Staatliche Bauamt hat indes der Stadt zugesagt, auf der B 472 von Habach kommend weiträumig Umleitungsschilder aufzustellen. Verkehrsteilnehmer sollen über die A 95 nach Wolfratshausen und von dort über die Bundesstraße 11 wieder auf die B 472 geführt werden. In der Gegenrichtung soll der Verkehr, der von Bad Heilbrunn kommend auf die Garmischer Autobahn möchte, ebenfalls über die B 11 nach Wolfratshausen geleitet werden. Außerdem sollen die Verkehrsteilnehmer auf der A 95, die nach Bad Tölz möchten, per Beschilderung ebenfalls über Wolfratshausen und die B 11 umgeleitet werden. In Penzberg ist man da anderer Meinung. Aus Sicht des Ordnungsamts sollte die komplette Umleitung über die B 11 und die A 95 erfolgen und nicht über die Staatsstraßen 2370 (über Penzberg) und 2063 bei Bichl-Nord.

In den betroffenen Kommunen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist man zwar nicht glücklich, sieht aber die Vollsperrung pragmatisch. Thomas Gründl (CSU), Bürgermeister von Bad Heilbrunn, ist "alles andere als begeistert". Nach einer hitzigen Debatte im Gemeinderat habe es Gespräche mit den benachbarten Gemeinden und dem Staatlichen Bauamt Weilheim gegeben, um zu überprüfen, ob nicht eine abschnittsweise Sanierung der Bundesstraße möglich sei. Eine Teilsanierung bringe allerdings "nicht den gewünschten Effekt", so Gründl.

Bad Heilbrunn will daher abwarten, wie die Baumaßnahme anläuft, um dann bei Bedarf entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Vor allem durch den Verkehr aus dem südlichen Loisachtal in Richtung Bad Heilbrunn, Bad Tölz und Penzberg fürchtet die Gemeinde erhebliche Beeinträchtigungen. Autofahrer aus dieser Richtung könnten auf eine Abkürzung über Obersteinbach ausweichen und damit nicht nur für viel Verkehr sorgen, sondern auch die Gemeindestraßen schädigen. Sollte der Schleichweg von zu vielen Autofahrern genutzt werden, werde sich die Gemeinde voraussichtlich mit mobilen Ampelanlagen helfen, um so die Abkürzung durch Wartezeiten an den Ampeln "unattraktiv" zu machen, sagt Gründl. Er hofft, dass die Autofahrer dann die offiziell beschilderte Umfahrung nutzen. Diesen Vorschlag wolle er dem Gemeinderat in der Sitzung am 7. Mai machen. "Das ist natürlich eine heikle Sache", sagt Gründl. "Aber uns bleibt nichts anderes übrig."

Die Methode "Augen zu und durch" funktioniert laut Kochels Bürgermeister Thomas Holz (CSU) so gut wie nie. Aber mit der Baustelle müsse man eben leben. Klar sei, dass sie für die Gemeinde eine "erhebliche Behinderung" darstellen werde: "Das wird alles andere als ein Spaß", ist sich Holz bewusst - vor allem für Pendler wie jene Kochler, die in Bad Tölz arbeiten und weite Umwege in Kauf nehmen müssten. Noch sei nicht abzusehen, ob die Vollsperrung für Kochel insgesamt mehr oder weniger Verkehr bedeuten wird, weshalb Holz sich nicht über mögliche Belastungen äußern möchte. "Dazu bleiben wir mit dem Straßenbauamt im Gespräch, um gegebenenfalls nachzujustieren", sagt der Bürgermeister.

Mehrere Termine mit der Behörde hatte der Bichler Bürgermeister Benedikt Pössenbacher (Unabhängige Bichler Bürger). "Aber einen besseren Vorschlag gab es bislang nicht", sagt er. Deshalb müsse wohl auch Bichl "diese Wochen der Sperrung einfach ertragen". Denn dass der Abschnitt der B 472 sanierungsbedürftig ist, sei augenscheinlich. Allerdings werde die Gemeinde ein wachsames Auge darauf haben, ob sich die Verkehrsteilnehmer an die offizielle Ausweichroute halten und gegebenenfalls einschreiten.

Franz Pölt, Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Benediktbeuern-Bichl, vermutet, dass sich insbesondere der Verkehr aus Benediktbeuern quer durch Bichl und Obersteinbach quälen könnte. "Wir hoffen aber, dass sich die Leute an die ausgeschilderte Ausweichroute halten."

© SZ vom 30.04.2018 / cjk, ksc, veca - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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