Schäftlarn/Berg:In den Wadlhauser Gräben fallen die Bäume

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Die Gemeinde Berg beginnt mit der Rodung für die geplanten Windräder. Der Rechtsanwalt der Gemeinde Schäftlarn hat bislang keinen Erfolg vor Gericht. Gegner der Anlagen sind fassungslos

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn/Berg

Voraussichtlich diese Woche beginnen die Fällarbeiten in den Wadlhauser Gräben an den Standorten der vier Windräder, die dort errichtet werden sollen. Sie müssen wegen der Bestimmungen des Naturschutzgesetzes bis 1. November abgeschlossen werden. Bemühungen des Rechtsanwalts der Gemeinde Schäftlarn, die Rodung aufzuhalten, schlugen fehl. Unterdessen hat der Berger Bürgermeister Rupert Monn mitgeteilt, dass unbekannte Täter am Standort der geplanten vier Windkraftanlagen wahllos Bäume markiert hätten - in jener Farbe, mit der ein Fachbüro die zur Fällung vorgesehenen Bäume gekennzeichnet hatte.

Bürgermeister Monn vermutet, dass die "falschen" Bäume aus Protest bemalt wurden. Bei den Rodungsarbeiten wird nun ein Fachmann anwesend sein müssen, um jeden einzelnen Baum genau zu überprüfen, damit nicht zu viel gefällt wird. Insgesamt geht es laut Monn um eine Fläche von 1,3 Hektar, auf der gerodet wird.

Seit die Gemeinde Berg begonnen hat, die Windräder zu planen, protestieren dagegen Nachbarn, die sich unter anderem darüber aufregen, dass die vier WKAs an den nördlichen Rand von Berg platziert werden sollen. Damit würden sie viel näher am Schäftlarner Ortsteil Neufahrn liegen als an bebautem Gebiet in Berg. Argumentiert wird auch mit dem Naturschutz und der angeblichen Unwirtschaftlichkeit der Anlagen.

Die Gemeinde Schäftlarn hat gegen die Genehmigung der Pläne geklagt. Diese Klage habe eigentlich aufschiebende Wirkung, erklärt der Münchner Rechtsanwalt Andreas Zöpfl, der sowohl die Gemeinde vertritt wie auch drei Privatleute, die ebenfalls Klage eingereicht haben. Doch dann wurde Anfang Oktober der Sofortvollzug der Genehmigung angeordnet, was bedeutet, dass Berg nun eben mit den Arbeiten beginnen darf. Das ist für Berg sehr wichtig, weil laut Naturschutzgesetz nur zwischen dem 1. September und dem 1. November gerodet werden darf. Sollte also nicht jetzt gefällt werden, würde sich alles um beinahe ein Jahr verzögern.

Gegen den Sofortvollzug wiederum stellte Zöpfl für Schäftlarn einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der zuvor eingereichten Klage. Und weil es der Erfahrung nach eine Weile dauern kann, bis das Verwaltungsgericht diesen Antrag prüft und darüber entscheidet, beantragte Zöpfl auch gleich noch eine Zwischenentscheidung, die ebenfalls aufschiebende Wirkung hätte. "Ein Pingpong-Spiel" nennt der Rechtsanwalt das, aber eines mit wenig Aussicht auf Erfolg. Denn ohne Prüfung der Sache werde das Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts entscheiden.

Und tatsächlich wurde der Antrag auf Zwischenentscheidung laut Zöpfl bereits zurückgewiesen. Nur noch der höchst unwahrscheinliche Fall, dass das Gericht am Montag doch noch über den eigentlichen Antrag entscheide und so die aufschiebende Wirkung wiederherstelle, könnte seiner Ansicht nach die Rodungen verhindern.

Aber auch wenn Bäume in dem Waldgebiet gefällt würden, sei offen, wie der Gerichtsstreit generell ausgehe, betont Zöpfl. Dem Rechtsanwalt ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Rodungen noch nicht festlegen, ob die Windräder auch gebaut werden dürfen, denn die Menschen seien "voller Panik".

Von "Ohnmacht, die man spürt", spricht Maria Reitinger, Zweite Bürgermeisterin von Schäftlarn und engagiert im Verein zum Schutz der Wadlhauser Gräben. Im diesem Verein haben sich die Gegner der Windkraftanlagen in Berg aus Schäftlarn und Icking organisiert. "Wir lassen die anfangen, das ist ganz einfach", sagt Reitinger. "Alle Aktionen wären ohnehin nur eine Verzögerung um ein paar Stunden." Auch hätten ihres Wissens nach keine Vereinsmitglieder die falschen Bäume markiert. Melani Suckfüll, Vorsitzende des Vereins zum Schutz der Wadlhauser Gräben, findet "alles ganz furchtbar, was da abgelaufen ist, tragisch ist das". Auch halte sie das Vorgehen der Gemeinde Berg für unklug. Von Demonstrationen oder sonstigen Aktionen wisse auch sie nichts, sagt Suckfüll: "Ich habe nichts organisiert." Für den 2. November hat der Verein schon vor längerer Zeit eine Waldbegehung in den Wadlhauser Gräben geplant. "Dann schauen wir uns das Desaster an", sagt Suckfüll.

© SZ vom 27.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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