Mitten in Königsdorf:Drive-in für Könige

Wenn der Getränkehändler Lust auf Bananen hat, steht die Zeit still

Von Stephanie Schwaderer

In Königsdorf ist der Kunde König. Der 3000 Einwohner zählende Ort wartet mit einer Bäckerei, einem Schuhgeschäft, einem Schreibwarenladen, einer Apotheke und einem Supermarkt mit Metzgerei auf - alles kompetent und liebevoll geführte Läden. Jeden Samstag schlägt zudem der Gemüse-Händler sein Zelt auf einem Parkplatz an der Hauptstraße auf. Ein besonderer Service: Die vollen Taschen werden, während der Kunde noch bezahlt, im Kofferraum seines Autos verstaut. Toll! Kann man noch mehr erwarten?

11 Uhr, Sonnenschein, dichter Ausflugsverkehr. Der ortsansässige Getränkehändler steuert seinen kanariengelben Lastwagen bergab. Bremst. Stoppt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Zwingt zwei Fahrer hinter sich, in die Eisen zu steigen. Kurbelt die Scheibe hinunter. "Drei Bananen", ruft er quer über die Hauptstraße. Die Zeit steht still.

Ein Augenkontakt zwischen dem Chef und seinen beiden Kollegen. Dann eilt einer der Händler zur Bananenkiste, wählt drei Exemplare aus, schlängelt sich hinter dem Stand hervor und quert forschen Schrittes die eben nur einseitig befahrene Straße bis zur Mitte - hinter dem Lastwagen stehen fünf Fahrzeuge. . . sechs, sieben - reicht die Früchte in die Fahrerkabine, bringt den Handel zum Abschluss. Ein breites Lächeln. Ein herzlicher Gruß. Dann rumpelt der gelbe Getränkelaster wieder los. Drei Bananen und eine kleine Blechlawine setzen sich in Richtung Geretsried in Bewegung.

"Wahnsinn", sagt eine Kundin am Stand. "Drive in", sagt der Chef, lächelt und legt ihr noch ein Fladenbrot gratis auf die Einkaufstasche.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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