Mitten in Wolfratshausen:Schwer ist leicht was

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Guter Ratschlag aus einer Konditorei: Mehr essen. Aber gern!

Kolumne von Wolfgang Schäl

Das Wolfratshauser Stadtcafé ist in aller Regel gut besucht, und bislang waren wir immer der Meinung, dass dies auf die durchaus respektabel bestückte Kuchentheke zurückzuführen sei und auf den Cappuccino, der aller Ehren wert ist. Kurzum: Hier darf geschlemmt werden, wenngleich mit immer schlechtem Gewissen. Nun aber sind wir dahingehend belehrt worden, dass es geradezu gefährlich ist, an diesem zentralen gastronomischen Ort, an dem sich vornehmlich Damen im vorgerückten Alter treffen, all der süßen Verlockungen in der Auslage zu entsagen und sich bei der Bestellung womöglich auf ein kleines stilles Wasser und eine Scheibe trockenen Knäckebrotes zu beschränken.

Der Werbeaufsteller des Cafés im Rathaus-Hof verkündete dieser Tage jedenfalls Beunruhigendes, ja Bestürzendes: In Kreideschrift aufgemalt hieß es da, und wir zitieren dies nun wirklich wörtlich: "Je mehr du wiegst, desto schwerer kann man dich entführen. Schütze dich selber und iss Kuchen." Nun stellt sich natürlich die Frage: Stehen da düstere Gestalten am Loisachufer, um all jenen einen Hinterhalt zu bereiten, die auf ärztlichen Rat hin und der Vernunft gehorchend auf diese köstlichen Buttercremetorten, Sahneschnitten und Zuckerschnecken verzichten? Wir müssen ernsthaft vermuten, dass die Konditoren-Innung in der Hand von Kidnappern ist, die asketische bis normalgewichtige Kaffeehausgäste verschleppen, um sie in verborgenen Backstuben zum Wohle des Bäckerhandwerks zu mästen, ja endgültig abhängig zu machen von gefährlichen Kalorienbomben.

Oder hat sich das Café womöglich nur einen etwas ungewöhnlichen Scherz mit dem gewiss nachvollziehbaren Ziel der Umsatzsteigerung erdacht? Auf letztere Überlegung deutet zumindest die Rückseite des Werbe-Aufstellers hin, auf der es heißt: "Frischen Kaffee gibt es vorher/nachher", wobei die beiden Varianten mit einem finsteren beziehungsweise einem lächelnden Smiley versehen sind. Ein wenig kryptisch ist das schon, und deshalb sind wir nachhaltig verunsichert. Wir haben uns nunmehr entschlossen, uns das nötige Ränzlein, das einen gefahrlosen Besuch des Stadtcafés gewährleistet, anderweitig zu verschaffen: mit Schweinsbraten und Bier im Humplbräu.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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