Mitten in Wolfratshausen:Offenes Rätsel

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Die Schranke hebt sich, aber warum?

Von Klaus Schieder

Ach, der gute alte Renault R 4. In früher Vorzeit brachte diese technisch aufs Nötigste beschränkte Kiste einen Studenten überall hin, sofern sie ihn nicht bei Tempo 70 aus der Kurve trug. Sogar jemand, der Kants Kritik der reinen Vernunft, aber fast nichts von Autos verstand, konnte die meisten Reparaturen selbst ausführen und etwa einen gerissenen Keilriemen mit einem Damenstrumpf ersetzen. Das machte Eindruck auf seine weibliche Beifahrerin. Ihr Blick besagte dann, sie habe es zum Glück nicht bloß mit einem Typen zu tun, der in irgendwelchen geistigen Hemisphären herumschwirrt, sondern auch mal eine Bohrmaschine bedienen kann, ohne sich zu verletzen. Aber das ist lange vorbei. Autos sind längst Wunderwerke der Mechatronik, für einen Laien undurchschaubar. Und wir als Keilriemen-Experten von einst sind heutzutage froh, wenn niemand mitkriegt, wie wir am Parkautomaten vor der Wolfratshauser Loisachhalle kläglich scheitern.

Es hat ja beschämend lange gedauert, bis wir begriffen, dass dieses Ding anders funktioniert als normale Automaten in normalen Städten, wo man oben das Ticket reinsteckt, zahlt und wartet, bis es unten ausgespuckt wird. In Wolfratshausen muss man es behutsam mit dem Strichcode nach vorne in den Schlitz einführen, Gebührenanzeige und Piepsignal abwarten, wieder herausnehmen und erst dann zahlen. Wie auf dem Kärtchen registriert wird, dass der Obolus entrichtet ist, kapieren wir noch immer nicht recht - aber gut. Neulich ging jedoch gar nichts mehr. Ticket reingefummelt, keine Anzeige, kein Piep. Ein Kleinbusfahrer hatte, wie wir mit leichter Genugtuung konstatierten, das selbe Problem. Für derlei Fälle gibt es am Automaten einen Telefonknopf. Kurz gedrückt: keine Stimme, kein Rauschen . . ., nix. Weil die Ausfahrtschranke geschlossen war, blickte der Kleinbusfahrer zur Loisachhalle hin und schätzte eine Weile ab, ob sein Gefährt irgendwie zwischen Sperrpfosten und Blumenbeet hindurchpasst. Am Ende fuhr er doch lieber zur Schranke, die sich - warum auch immer - wie von Geisterhand öffnete. Und wir an seiner Stoßstange hinterher.

Ansonsten hätten wir es allenfalls noch mit der Methode eines Mr. Bean versuchen können. Um die Gebühr zu sparen, stellte sich Rowan Atkinson in der Rolle seiner Sketchfigur in einem Parkhaus vor die Einfahrtschranke und wartete, bis jemand hereinfuhr, um dann mit Vollgas unter dem sich senkenden Balken hinauszubrettern. Ob uns das auch geglückt wäre, sei dahingestellt. Sicher hätte es aber Eindruck gemacht. Vor allem auf die Mitarbeiterin der Verkehrsüberwachung.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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