Mitten in Penzberg:So ein Kreuz mit dem Freud

Lesezeit: 1 min

Was es mit dem nach dem berühmten Psychologen benannten Versprecher auf sich hat

Kolumne von Alexandra Vecchiato

Ob Sigmund Freud wusste, was er da anrichtet mit der nach ihm benannten sprachlichen Fehlleistung, dem Freudschen Versprecher? Der berühmte Psychologe bemühte als Erklärung das Unterbewusste; Sprachwissenschaftler sagen indes, Versprecher kämen dann vor, wenn der Mensch in seiner Sprachplanung durcheinander gerät. Wörter mit ähnlicher Bedeutung oder Form sind im Gehirn nahe beieinander abgelegt - und manchmal wird eben das falsche Wort aus dem Speicher abgerufen. Aber mal ehrlich: So ein Freudscher Versprecher taugt bestens als Ausrede und Entschuldigung.

Politiker sind ebenfalls nicht vor einem Lapsus linguae gefeit. Kanzlerin Angela Merkel etwa begrüßte den ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten: "Lieber Roland Kotz . . . ähm . . . Koch!" In diesen Kreis darf sich nun Penzbergs Bürgermeisterin Elke Zehetner einreihen. Aber von Anfang an.

2019 feiert die Stadt Penzberg 100 Jahre Stadtgründung. So ein außergewöhnliches Fest will perfekt organisiert sein, weshalb eigens ein Festausschuss ins Leben gerufen wird. Der Ausschuss, der sich aus den Reihen des Stadtrats rekrutiert, soll weite Befugnisse haben: Er ist beschlussfähig, kann über ein Budget zwischen 50 000 und 100 000 Euro allein entscheiden und die Mitglieder erhalten Sitzungsgeld.

Grünen-Fraktionssprecherin Kerstin Engel meldete Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines solchen Gremiums an. Warum es eines eigenen Ausschusses bedürfe, wenn doch Tom Sendl aus der Stadtverwaltung seit 20 Jahren solche Festivitäten bestens plane, verstehe sie nicht. Sie werde sich diesem "staatstragenden Akt" verweigern. Sendl könne bei Bedarf den Stadtrat hinzuziehen. Sie jedenfalls habe vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten der Stadtverwaltung. Auch Wolfgang Sacher (BfP) hatte einiges zu monieren.

Was wiederum dazu führte, dass Zehetners Nervenkostüm dünn wurde. Die 100-Jahr-Feier sei etwas Schönes, der Ausschuss etwas Gutes - "dass wir deshalb schon wieder streiten, ist furchtbar". Wer sich mit derartigen Nichtigkeiten aufhalte, "entbehrt des Verstandes". Kein Wunder, dass das die so Gescholtenen nicht gut aufnahmen. Was oder wer sie auch immer dazu bewogen hat, nach kurzer Zeit entschuldigte sich Zehetner für ihren Lapsus linguae. Sie hätte "Verständnis" gemeint, sagte sie.

Beleidigungen gehören zur politischen Tagesordnung. Der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) war gut darin: "Sehr hohl, Herr Kohl."

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: