Mitten in Bad Tölz:Orientierungslos im Gassengewirr

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Wie leicht kann sich ein Tourist in Bad Tölz verlaufen?

Von Klaus Schieder

Es ist ein Kreuz, sich in Bad Tölz zurechtfinden zu müssen. Die Kurstadt mit Herz und vielen Arterien zieht sich von der Flinthöhe über Kilometer hinab in die Fußgängerzone und hinauf ins Kurviertel, vom Moraltpark im Süden bis zum Friedhof im Norden. Und überall biegen Straßen und Gassen, Sträßlein und Gässchen von den Hauptrouten ab. Alles völlig unübersichtlich. Da muss man als Fremder schon ein Navi dabei haben, das mit Automatenstimme den rechten Weg etwa zum Kalvarienberg weist: "In 20 Metern nach rechts abbiegen in den Maierbräugasteig, in 75 Metern links abbiegen in die Austraße, nach 5,5 Metern abbiegen in den Höhenbergweg, in 115 Metern rechts abbiegen in den Melkstattweg." Womit man glücklich wieder am Startpunkt Nockhergasse im Stadtzentrum wäre.

Stadtrat Peter Wiedemann (FWG) hat deshalb Recht, als er im Tourismusausschuss ein Besucherleitsystem forderte. Ein Parkleitsystem gibt es in Tölz ja bereits, nur weiß der Tourist nicht, in welche Himmelsrichtung er sich in diesem südbayerischen Los Angeles orientieren soll, wenn er erst mal geparkt hat und aus dem Auto steigt. Lediglich Busgäste haben es einfacher. Sie sind gezwungen, in der Gruppe zu bleiben, ihrem Reisechef oder einem Stadtführer zu folgen, sich um den Bulle-von-Tölz-Brunnen zu scharen oder auf den Gehsteigen der Isarbrücke den Passanten den Weg zu versperren. Für alle gilt jedoch: Mehr Hinweisschilder wären angebracht.

Schon auf der Isarbrücke könnte so ein Wegweiser auf die 20 Meter entfernte, aber kaum einsehbare Marktstraße hindeuten. Vor der Fußgängerzone muss natürlich eine Tafel mit der Aufschrift stehen: "Das ist die Marktstraße!" Weitere Schilder sollten zur Kalvarienbergkirche leiten, die zwar hoch über Tölz thront, doch auf dem Weg dorthin kann man sich rasch im Gässchengewirr verirren, wenn man nicht das Ticket für das Bulle-von-Tölz-Museum zerreißt und Papierschnipsel streut. Ratsam wären auch mit grünen Kreisen, weißen Strichen und roten Dreiecken ausgewiesene Wanderrouten zu unbeachteten Sehenswürdigkeiten wie dem kasernenartigen Landratsamt, wo man den Beamten über die Schulter schauen könnte, oder dem pittoresken Stadtfriedhof.

Zu befürchten ist leider, dass so ein Schilder-Navi noch einige Zeit auf sich warten lässt. Bis dahin sind die Einheimischen als Lotsen gefragt. Zum Beispiel dann, wenn ein Tourist leicht ungeduldig fragt, ob es denn in diesem Tölz hier gar keine öffentliche Toilette gebe.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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