Mitten in Bad Tölz:Aus Liebe zur Batterie

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Es ist rätselhaft, welche seltsamen Vorlieben manche Menschen entwickeln können

Von Wolfgang Schäl

Bei Dieben und Einbrechern gibt es bei genauer Betrachtung solche und solche. Fahrraddiebe zum Beispiel verurteilen wir aufs Schärfste. Andere wiederum hätte man sogar sehr gern im Haus. Zum Beispiel diesen Spitzbuben, der jetzt in einer Tölzer Reifenfirma ausrangierte Autobatterien geklaut hat. Der muss schon ein rechtes Schlitzohr sein, und vermutlich auch ein kleines bisschen gaga. Nimmt alte Batterien mit und stellt sie daheim auf, um seine Freude dran zu haben, wie diese alten, verrotteten, mit Blei und Säure gefüllten Kasten einfach keinen Strom mehr liefern. Die hatten einen prima Kurzschluss, denkt der sich. Einfach aus und Ende, wie köstlich! Da könnte man anschließen, was man will, nichts würde funken oder sich bewegen. Wie nennt man sowas? Akkuphilie? Vielleicht sogar Nekro-Akkuphilie? Es gibt ja alles Mögliche im Bereich der seltsamen Vorlieben.

Ach, so einem könnten wir eine Menge Freude machen, sofern er sich nicht ausschließlich auf Autobatterien festgelegt hat. Man müsste ihm nur das Kellerabteil zeigen, das er aufbrechen soll, und ihm sagen wann man rein zufällig nicht daheim wäre, verbunden mit der verbindlichen Zusicherung, dass die Polizei von dem Einbruch nichts erfährt. Da könnte er denn schwelgen zwischen allerlei Sachen, die auch nicht mehr funktionieren. Anzubieten hätten wir einen alten Rollkoffer, der so hoppelt, dass er nach zwanzig Metern zwangsweise und regelmäßig umkippt, die Lachnummer auf jedem Bahnsteig; einen Plattenspieler, der brummt, eine Stereoanlage, die auch brummt, manchmal sogar knattert, einen maroden, alten Heizlüfter, der ein eigenes Kraftwerk für sich allein braucht, eine Salzkristalllampe, die im Kontakt mit der feuchten Kellerluft längst zu feinem, weißem Salz zerbröselt . . . reiche Beute könnte der Mann machen.

Schade nur, dass unsere letzte alte Autobatterie seit einem halben Jahr nicht mehr verfügbar ist. Sie hat auf einem Wolfratshauser Supermarkt-Parkplatz ihren Geist aufgegeben, und wir haben sie, ahnungslos und nicht wissend, wie begehrenswert sie war, einem gelben Engel mitgegeben. Und der ist entschwebt, ohne sich überhaupt dafür zu bedanken.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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