Mitten in Bad Tölz:Alles eine Frage der Interpretation

Lesezeit: 1 min

Die Anzeige am Isarkai-Parkplatz kann Autofahrer regelrecht in den Wahnsinn treiben

Von Alexandra Vecchiato

Die deutsche Sprache ist voller Klarheit. Sie ist die Sprache von Dichtern und Denkern. Goethe, Schiller . . . hach, unzählige Berühmtheiten der Literaturgeschichte bedienten sich ihrer. Das mit der Klarheit scheint aber nicht flächendeckend zu gelten. In Bad Tölz etwa lässt das Wort "besetzt" einen weiten Bogen an Interpretationen zu. Zumindest, wenn es um die "besetzt"-Anzeige beim Parkplatz am Isarkai geht. Die kann einen schier in den Wahnsinn treiben.

Die Welt ist für einen Parkplatz-Suchenden noch in Ordnung, wenn ein Grün hinterlegtes Fenster mit "frei" auf jener Anzeigentafel prangt. Die Vögel zwitschern, die Isar glitzert, ein kurzer Druck auf den Knopf bei der Schranke, schwupps, der Weg zum Stellplatz ist frei. Man könnte nun der Versuchung erliegen zu glauben, wenn da oben ein "besetzt" auf rotem Grund steht, sei der Parkplatz am Isarkai voll belegt. Weit gefehlt: Es gibt Tage, da steht ein "besetzt", aber die Schranke geht auf. Man fährt hinein - wieder eröffnen sich einem zwei Möglichkeiten: kein Stellplatz ist frei, klar: steht ja "besetzt"; nur warum geht dann die Schranke hoch? Oder: Es steht "besetzt", aber der halbe Parkplatz ist leer. Nein, das muss man nicht verstehen.

Jedenfalls hat die vielfältige Bedeutung des Wortes "besetzt" in der Kurstadt ihre Folgen: Selbst wenn einem die Anzeige gebietet, nicht das Isarkai anzusteuern, biegen die Autofahrer in die Zufahrt ein. Weil reinkommen tut man immer, was einen drinnen erwartet, steht auf einem anderen Blatt. Oh, ihr Fehlgeleiteten! Manchmal geht die Schranke nämlich nicht auf, dann heißt "besetzt", was es eben heißt. Und die Autos stauen sich und stauen sich und . . .

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: