Mitten im Landkreis:Olympia für Couchpotatoes

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Es gibt Aktivitäten, die Höchstleistungen abfordern, ohne dass man sie bisher als Sportarten erkannt hätte

Kolumne von Claudia Koestler

Die Olympischen Spiele sind in vollem Gange und wecken dank der sagenhaften Leistungen der Sportler aus aller Welt auch beim durchschnittlichen Bürostuhlhocker plötzlich Ehrgeiz. Doch was, wenn man schon vor Jahren den Absprung verpasst hat, und zwar frühzeitig für solch perfekten Sprünge von der Schanze zu trainieren wie ein Andreas Wellinger? Oder der eigene Opa lieber durch die Welt gondelte statt den Enkeln einen Holzschaft zu schnitzen fürs Gewehr, so wie bei einer Laura Dahlmeier? Doch verzagen über verpasste Chancen gilt nicht. Denn wenn sich Olympioniken "dabei sein ist alles" auf die Fahnen schreiben, dann sind Ottonormalcouchpotatoes bereits mitten drin: In all den schönen Aktivitäten, die einen tagtäglich herausfordern und die Höchstleistungen abfordern, ohne dass man sie bislang als Sportarten erkannt hätte.

Zum Beispiel wäre da der Supermarkt-Slalom. Gemeint sind all die marketenderischen Angebote, denen man besser ausweichen sollte: extra Aufsteller mit den Wiedergängern vom Weihnachtsfest (derzeit bekannt als Schokoladen-Osterhasen), mit Sonderverkäufen und Restposten. Ihnen im Feierabend-Einkaufsstrom auszuweichen artet inzwischen durch ihr massenhaftes Vorkommen immer mehr zum Sport aus: ein Blumenständer links, ein Posten Chips rechts, Limoadenabverkauf in der Mitte. Wer es da am schnellsten zur Kasse schafft, ohne hängen zu bleiben, hat gewonnen. Zumindest bis zur Rechnung. Aber: Kondition, Konzentration und bewegliche Hüfte bleiben trainiert.

Und wem es der Geschwindigkeitsrausch angetan hat: Statt Shorttrackrennen schauen, mal versuchen, an der Kasse schneller die Waren in den Wagen zu kriegen, als der Kassierer scannen kann.

Und wer mehr auf saisonale Sportarten steht: Jetzt im Winter käme zum Beispiel das Leistungs-Viren-Halten in Frage. Zunehmenden Hustenreiz und Nieserei zu unterdrücken, erfordert schließlich nicht nur im Konzert höchste Disziplin und Körperbeherrschung, sondern in jedweder Öffentlichkeit. Das fordert manchmal alles! Olympisch mögen solche Alltagsdisziplinen zwar noch nicht sein. Dennoch gibt es darin täglich Verlierer - aber eben auch Gewinner. Möge ihnen der Jubel der Mitmenschen sicher sein.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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