Mitten im Landkreis:Ein Sommertier - aber schnell

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Ein Kaiman, eine Schlange, eine bissige Schildkräte, notfalls ein Schadbär - noch immer gab es in der heißen Jahreszeit ein "Sommertier" zu vermelden. Aber in diesem Sommer, der endlich einmal einer war? Gar nichts

Von Wieland Bögel

Nur noch für kurze Zeit. Dieser seit Jahrzehnten erprobte Werbeslogan trifft auch auf den diesjährigen Sommer zu. Noch herrschen tropische Temperaturen, doch, wie die Meteorologen übereinstimmend unken, spätestens Mitte nächster Woche ist Schluss. Pünktlich zum meteorologischen Herbstbeginn am Dienstag beginnt der Herbst. Das mag mancher bedauern, aber immerhin gab es heuer vor dem Herbst ausnahmsweise mal einen richtigen Sommer. Einen sehr großen sogar, wie der alte Rilke sagen würde. Doch bei allen vollen Früchten, südlichen Tagen und süßem schweren Wein, beschleicht einen doch manchmal das Gefühl: Da fehlt noch was. Nämlich das Abenteuer, die Gefahr, die Aufregung, die in einem normalen Sommer verkörpert wird von, ja genau: dem aktuellen Sommertier.

Dieses taucht traditionell und üblicherweise pünktlich mit dem Beginn der Sommerferien auf, und zwar meist ganz im Wortsinne aus irgendeinem Badesee. Kaum hat die Schulglocke das letzte Mal geläutet, schon erhebt irgend ein Kaiman, eine Schlange oder notfalls auch nur eine bissige Schildkröte ihr schuppiges Reptilienhaupt aus einem Freizeitgewässer.

Auch für Abwechslung ist gesorgt: Damit das Thema "Sommertier" nicht zu sehr verwässert wird, übernimmt gelegentlich ein Problem- beziehungsweise Schadbär die Vertretung oder, damit auch die romantische Seite nicht zu kurz kommt, eine Kuh, die sich für ein graziles Rehlein hält. Doch heuer - gar nichts.

Hier ist eindeutig der Landkreis gefordert. Nach der Bildungs-, der Gesundheits- und der Weißdergeiernocheins-Region ist es höchste Zeit, dass Bad Tölz-Wolfratshausen wieder einmal zur Sommertier-Region wird. Wie man aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hört, ist ein Runder Tisch bereits im Tölzer Landratsamt eingerichtet. Erste, bereits an die Öffentlichkeit gedrungene Ergebnisse deuten darauf hin, dass noch vor Ferienende die ersten Sommertiere aus ausgesuchten Freizeitlokalitäten des Landkreises auftauchen werden. Streng geheim ist dagegen noch, sowohl wo und vor allem was am Ende des meteorologischen Sommers für Aufregung und Abenteuer sorgen wird.

Kommt die gepunktete Isarschlange oder der gemeine Loisachkaiman oder etwa das gar garstige Walchenseekrokodil? Wird eine bisher unbekannte Bärenpopulation in Fall entdeckt oder haben sich Vampirfledermäuse ausgerechnet in einem alten Kirchturm im Kloster Schehdorf eingenistet? Noch ist alles offen und klein ein wenig Zeit, aber nicht mehr lange, denn bald kommt der Herbst. Und wer dann kein Tier hat, wusste schon Rilke, der findet keines mehr.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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