Lenggries:Bagger am Brauneck

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Die Berghütten sollen an die Kanalisation angeschlossen und mit sauberem Trinkwasser versorgt werden. Dafür werden 14 Kilometer Leitungen verlegt, fünf Pumpwerke und zwei Hochbehälter gebaut.

Von Suse Bucher-Pinell

Kaum ist die Baustelle für den großen Speichersee am Garlandhang fertiggestellt, wird das Freizeitgebiet Brauneck erneut zur Baustelle. Drei Sommer lang wird voraussichtlich gebaggert und gegraben, um erstmals Trinkwasserleitungen zu den insgesamt mehr als 20 Almen, Wirtschaften und Vereinshütten auf dem Berg zu verlegen. Gleichzeitig werden die Anwesen an die Lenggrieser Kanalisation angeschlossen.

Noch wacht der Steinbock nur vor der Stiealm, bald kann er auch die Bauarbeiten am Idealhang mitverfolgen. Alle 20 Wirtschaften auf dem Brauneck sollen in drei Jahren an das Wasser- und Kanalnetz angeschlossen sein. (Foto: Manfred Neubauer)

Ein drei Millionen Euro teures Mammutprojekt, für das insgesamt fast 14 Kilometer Leitungen im Boden verschwinden sowie fünf Pumpwerke und zwei Hochbehälter gebaut werden müssen. "Wir wollen dort oben eine Verbesserung des Trinkwassers", sagt Franz Hartmann, Leiter des Gesundheitsamts am Tölzer Landratsamt. Künftig sollen auch die Anwesen auf dem Berg "naturbelassenes, sauberes Trinkwasser" bekommen. Bürgermeister Werner Weindl (CSU) hebt einen weiteren Aspekt hervor: "Wir machen das, damit die Hütten und Gebäude zukunftsfähig sind." Am Dienstag war am Draxlhang im Tal offizieller Spatenstich.

Kein gutes Wasser im Gebirge

Wasser direkt aus der Quelle, frisch und kühl, es ist für viele Sinnbild für die Reinheit der Bergwelt. Ganz so ist es in den hiesigen Kalkalpen jedoch nicht. Anders als in humösem Untergrund versickert das Oberflächenwasser dort schnell und ohne natürliche Reinigung durch eine belebte Bodenschicht. "Im Gebirge ist das Wasser fast nie so gut, wie wir es wünschen", klärt Hartmann auf. Um den Leuten auf den Hütten und ihren Gästen dennoch einwandfreies Trinkwasser gewährleisten zu können, verlangt das Gesundheitsamt schon seit Jahren, dass das Wasser zur Bekämpfung von Keimen mit ultraviolettem Licht bestrahlt wird. "Eine gängige Technik, aber eine Übergangsmaßnahme", schränkt Hartmann ein. Technik sei störanfällig und deshalb immer zweite Wahl. Dauerlösung könne nur der Anschluss an die Trinkwasserversorgung sein.

Dass dieser gerade jetzt in Angriff genommen wird, hat mit der Abwasserentsorgung zu tun. Lenggries muss wie alle anderen Gemeinden sein Abwasser klären, ehe es in den Vorfluter geleitet wird. "Deshalb haben wir kanalisiert wie die Weltmeister", sagt Weindl scherzhaft. Jetzt fehlt nur noch das Brauneck. Bisher wurde das Abwasser am Berg in vielen Kleinkläranlagen aufbereitet. Da sie aber baulich nicht mehr den Anforderungen genügen und auch die geforderte Reinigungsleistung nicht mehr erbringen können, ist jetzt der Anschluss an den Kanal fällig. Wenn nun beide Maßnahmen gleichzeitig ausgeführt werden, spart das nicht nur Geld. "Wenn nur einmal gegraben wird, schont das auch die Umwelt", sagt Weindl.

Grundeigentümer zahlen mit

Stie-Alm, Strasser-Alm, Finstermünz: Von oben nach unten sind die Bauarbeiten geplant. Wie weit sie in diesem Jahr fortschreiten, vermag keiner so recht zu sagen. Das Wetter bestimmt den Zeitplan. Eigentlich hätte an der Stie-Alm schon begonnen werden sollen, doch dann fiel überraschend Schnee, so dass die Baufahrzeuge kein Material auf 1520 Meter hinauf bringen konnten, um die Baustelle einzurichten. Am Montag soll es endgültig losgehen.

Alle betroffenen Grundeigentümer am Brauneck zahlen bei der Drei-Millionen-Maßnahme mit. 70 Prozent davon sind allerdings durch staatliche Zuschüsse gedeckt. Die restlichen 1,3 Millionen Euro tragen die Eigentümer, die Summen von 15 000 Euro an aufwärts beisteuern müssen. Stefan Obermüller, der Wirt der Stie-Alm, ist nach eigenen Worten mit 185 000 Euro dabei. "Für die Zukunft ist es sicherlich notwendig", sagt er am Rande des Spatenstichs, "aber es kostet halt auch viel Geld." Mit den Baukosten allein sei es ja nicht getan, Hausanschluss, Strom und Unterhalt kämen außerdem dazu, später dann die üblichen Gebühren. Die Gemeinde übernimmt lediglich die Planungskosten vor Baubeginn sowie die Bauüberwachung.

Einigkeit aller Eigentümer zu erzielen, stellte offenbar kein Problem dar. "Keiner war davon begeistert, aber jeder ist in irgendeiner Weise vom Tourismus abhängig", meint Obermüller dazu. Jannik Inselkammer, der die derzeit noch geschlossene Bayernhütte übernommen hat, sagt dazu kurz und knapp: "Wenn wir dort ein Haus haben, schließen wir es auch an." Auch Liftbetreiber Josef Singhammer steht hinter dem Vorhaben, auch wenn es ein "riesen Aufwand" sei. Bisher habe er das Wasser in seinem Haus an der Bergstation am Bayernhang abkochen müssen, teilweise habe die Quelle wie viele andere auf dem Berg nicht einmal genügend Wasser hergegeben. Genutzt wird sie dennoch auch künftig. Die vorhandenen Einrichtungen der Wasserversorgung bei den Hütten werden für Toilettenanlagen und Viehtränken hergenommen.

Auch wenn es für Lenggries ein großes Projekt ist, "es werden keine riesigen Wunden in den Berg geschlagen", beteuert Ralf Kirchgatterer vom Bauamt. Allerdings werden die Wanderer in den nächsten Sommern immer irgendwo einen Bagger sehen. "Das ist halt nicht so schön", sagt Stie-Wirt Obermüller.

Auch bei der Denkalm wird gebaut

Doch nicht nur am Brauneck wird gebaut. Auch auf der gegenüberliegenden Seite sind Bagger und Kran zu sehen. Am Ortsrand, direkt neben dem Weg zur Denkalm unterhalb des Geiersteins, errichtet die Gemeinde einen neuen Hochbehälter für die Trinkwasserversorgung. Mit 3000 Kubikmetern ist sein Fassungsvermögen fünfmal so groß wie das der beiden bestehenden. Ein Volumen, das nach aktuellen Berechnungen für die Deckung des Lenggrieser Tagesbedarfs laut Weindl aber notwendig ist. Und weil für die Denkalm, von deren Gebiet aus man eine herrliche Aussicht auf das Brauneck hat, die gleichen Regeln gelten wie für die Brauneck-Hütten und Almen, wird auch sie derzeit an die Kanalisation angeschlossen.

© SZ vom 31.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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