Kritik an Gewinnverwendung:Rentner Gottwald gegen die Sparkasse

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Das Institut soll Landkreis und Kommunen Ausschüttungen vorenthalten - Landrat Niedermaier widerspricht vehement

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landsberger Rentner Rainer Gottwald nimmt seit Jahren die Bilanzen der bayerischen Sparkassen unter die Lupe. Sein Vorwurf: Die Institute enthielten ihren Trägern, den Landkreisen und Kommunen, Ausschüttungen aus den Gewinnen in Millionenhöhe vor. Nun hat der Sprecher des "Bürgerforums Landsberg" auch die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen ins Visier genommen und die Bürgermeister ihrer Trägerkommunen (Bad Tölz, Lenggries, Benediktbeuern und Kochel) angeschrieben.

Insgesamt etwa 8,9 Millionen Euro hätten seinen Berechnungen zufolge aus dem Gewinn der Bilanz 2016 an die Träger ausgezahlt werden sollen - mehr als die Hälfte davon an den Landkreis. Stattdessen sei der gesamte Gewinn in die Rücklagen der Sparkasse. Laut Gottwald stellt das einen Ermessensmissbrauch des Verwaltungsrats dar, der die Jahresrechnung abgenickt und so gegen die Interessen der Träger gehandelt habe.

In seinem Schreiben beruft sich der 72-Jährige auf einen Bescheid des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen, das im vergangenen Jahr den Jahresabschluss der Stadtsparkasse Düsseldorf aufgehoben hatte. Daraufhin habe die Stadt aus dem Jahresgewinn 2015 etwa 25 Millionen Euro, im Folgejahr weitere 15 Millionen erhalten. Laut Ministerium sei es Ermessensmissbrauch, wenn mehr als 72 Prozent des Bruttogewinns in den Fonds für allgemeine Bankrisiken zurückgeführt werden, schreibt Gottwald. In seiner beigefügten Liste mit sämtlichen bayerischen Sparkassen kommt das Kreditinstitut im Landkreis jedoch auf 78,9 Prozent - woraus Gottwald den Verlust für die Träger ermittelt hat. Der Jahresabschluss sei ungültig, folgert der Sparkassen-Kritiker. "Die zu hohe Zuführung zum Fonds für allgemeine Bankrisiken durch den Sparkassenvorstand hat der Verwaltungsrat rechtswidrig akzeptiert, und die Prüfungsstelle des Sparkassenverbands hat die Zuführungen durchgehen lassen", schreibt er an die Bürgermeister. Er verweist auf die bayerische Gemeindeordnung, laut der erst alle sonstigen Einnahmen requiriert werden müssen, bevor man etwa die Kreisumlage erhöhe. Zu diesen gehörten ausdrücklich die Gewinnausschüttungen der Sparkasse. Für den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler), sind die Vorwürfe Gottwalds indes haltlos. Er kenne die Argumentation des Landsbergers seit eineinhalb Jahren, sagt Niedermaier, der im bayerischen Verbandsverwaltungsrat der Sparkasse ist. "Er wiederholt immer wieder eine abenteuerliche, verquere Argumentation."

Die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen mit Sitz in Tölz hat ihren Gewinn nicht an die Träger ausgeschüttet, sondern in die Rücklagen gesteckt. (Foto: Manfred Neubauer)

Zwar könne Gottwalds Kritik für Laien den Eindruck erwecken, die Sparkasse betrüge die Bürger um ihre Gewinne. In Wahrheit aber treffe das nicht zu. Gottwald habe auch rechtlich schon viel versucht, erklärt Landrat Niedermaier. Im vergangenen Jahr etwa habe sich der bayerische Landtag intensiv mit einer Petition zum Thema beschäftigt und "das alles mit dem Innenministerium durchgekaut", sagt Niedermaier. Die Einschätzung zu Düsseldorf treffe für Bayern "definitiv nicht zu". Gottwalds Argumentation halte einer Überprüfung nicht stand, erklärt auch der Pressesprecher der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, Willi Streicher. Für die Gewinnverwendung sei der Verwaltungsrat zuständig. Er entscheide laut Sparkassenordnung über den verbleibenden Jahresüberschuss. "In den letzten Jahren wurde dieser dem Eigenkapital der Sparkasse zugeführt, um die Sparkasse für die Zukunft zu stärken." Die Eigenkapitalquote sei "ein wichtiges Kriterium, um am Markt uneingeschränkt agieren zu können", erklärt Streicher - auch mit Blick auf die Niedrigzinsphase, die den Banken zu schaffen mache. Als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut übernehme die Sparkasse wichtige Finanzdienstleistungen in der Region.

Gewinnausschüttungen seien zwar auch in Bayern laut Sparkassenordnung prinzipiell möglich, sagt Niedermaier. Jedoch nur für gemeinnützige Zwecke. Man könne sie nicht einfach in den Haushalt einstellen und etwa für Schulbauten verwenden, die Aufgabe des Landkreises seien. Die Sparkasse müsse aber solche Ausschüttungen verkraften können, was angesichts der Zinsentwicklung derzeit nicht zutreffe. "Die oberste Pflicht eines Verwaltungsrates ist es, die Zukunftsfähigkeit einer Sparkasse auch für die Kunden sicherzustellen", erklärt Niedermaier. "Dafür müssen wir jetzt Rücklagen schaffen."

Gottwald, der seit einem anonymen Anruf 2013 die Bilanzen der Sparkassen kritisch unter die Lupe nimmt, widerspricht: Der Bescheid des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums sei auch in Bayern rechtsgültig, da er sich auf das bundesweit gültige Handelsgesetzbuch beziehe. Zudem seien die Anforderungen der Bankenaufsicht auf die Eigenkapitalquote niedriger ausgefallen, als von den Sparkassen befürchtet, und lägen derzeit bei mindestens neun bis elf Prozent. Mit einer Eigenkapitalquote von 16,43 Prozent liegt die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen im Mittelfeld und leicht unter dem Durchschnitt der bayerischen Sparkassen.

Dass er es trotz jahrelanger Kritik an der Praxis nicht geschafft habe, bei den Sparkassen eine Gewinnausschüttung zu bewirken, ist dem pensionierten Controller selbst ein Rätsel, wie er sagt. "Ich bin auf absoluten Widerstand gestoßen." Gottwald weist daraufhin, dass immerhin vier Sparkassen in Bayern Gewinne an ihren Träger auszahlten: die Stadtsparkassen München, Regensburg, Augsburg, Nürnberg und Ingolstadt. "Nur Kreissparkassen tun das nicht."

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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