Kommentar:Schöner kaufen statt schlafen!

Möbel Mahler schließt. Das ist ein herber Verlust

Von Claudia Koestler

Da hilft kein Euphemismus: Die Nachricht, dass Möbel Mahler sein Haus in Wolfratshausen schließt, ist eine Katastrophe für die Loisachstadt. Zum einen, weil der Möbelgigant Jahre, nein, Jahrzehnte eine feste Größe der örtlichen Wirtschaftskraft war mit seiner Gewerbesteuer und den Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Zum anderen, weil das Möbelhaus eines der wenigen Dinge war, die das beschauliche Wolfratshausen überregional auf die Landkarten setzte, wie sonst nur jenes berüchtigte Frühstück beim ehemaligen Ministerpräsidenten oder vielleicht heute die Krimifarce "Hubert und Staller".

Der Möbelgigant bot so etwas wie ein Nahversorger-Erlebnisland, nicht bloß Schränke, sondern auch Elektrogeräte bis hin zu Geschenken. Und er war ein Unternehmen, von dessen überregionaler Strahlkraft die gesamte Flößerstadt ein paar Krümel abhaben wollte. Die Lebendige Altstadt Wolfratshausen weist deshalb mit Schildern Kunden darauf hin, dass man ja nach dem Kauf von Sofa, Küche, Bett oder Handtüchern auch noch einen Abstecher in die Altstadt wagen könnte.

Jetzt also der Schnitt, der Ausverkauf. Was auch immer nun mit dem Haus passiert: Wolfratshausen darf den Umbruch nicht achselzuckend hinnehmen. Der Handel wird sich beschleunigen - mit einer engen Verknüpfung von Online und Offline. Wolfratshausen braucht ergo mehr kleinteiligeres Gewerbe, um durch Vielfältigkeit stabil zu bleiben. Und seine Innenstadt hat nur eine Chance, wenn es das Einkaufen als Erlebnis inszeniert, das überregional lockt. Dass nun einer scheitert, der sein Einkaufserlebnis längst bayernweit beworben hat, ist nicht ermutigend. Wolfratshausen muss künftig also alleine nicht nur Bedürfnisse decken, sondern Bedürfnisse wecken. Denn keiner will, dass die Stadt zum Synonym wird - für schöner schlafen.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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