Kommentar:Schmuddelige Visitenkarte

Bad Tölz hätte einen schönen Bahnhof. Hätte. Denn das unter Denkmalschutz stehende Gebäude ist sanierungsbedürftig. Doch der Eigentümer unternimmt nichts

Von Klaus Schieder

Bad Tölz hat einen schönen Bahnhof. Mit seinem Uhrenturm, mit seinen kleinen Bögen in der Halle, mit seinen hohen Glastüren. Genauer gesagt: hätte. Denn wer das 1924 gebaute, unter Denkmalschutz stehende Gebäude betritt, findet leider nur klebrige Schmuddeligkeit vor. Der geflieste Boden hat seit Langem keinen Wischmob mehr gesehen, die gelb getünchten Wände zeigen Schimmel oder schwarze Schlieren, unter den Wartebänken liegen gebrauchte Tempotaschentücher, Plastikbecher und anderer Müll herum. Herzlich willkommen in Bad Tölz!

Wenn auch noch die Heizung über Monate hinweg ausfällt, dann ist es verständlich, dass die Bayerische Oberland-Bahn ihre Mitarbeiter künftig lieber draußen in einem Container unterbringt als in solch unwürdigem Ambiente. Schuld daran ist vor allem die Firma Tektogrund, die den Bahnhof vor 16 Jahren der Deutschen Bahn abgekauft hat. Sie hätte das denkmalgeschützte Gebäude trotz aller Schwierigkeiten in dieser Zeit längst sanieren können. Eigentum verpflichtet - dieser Grundsatz gilt gerade bei öffentlichen Gebäuden. Und falls eine millionenschwere Renovierung finanziell nur schwer zu stemmen ist, gibt es in diesem Fall ja das Angebot der Stadt, den Bahnhof zu kaufen. Aber auch das wurde immer wieder ausgeschlagen. Darunter leiden die Fahrgäste, leidet auch die BOB, leidet nicht zuletzt ganz Tölz als Touristenort.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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