Kommentar:Hotelkultur ohne Hotel

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Die Stadt Bad Tölz hat einst mit einem Hochglanzprospekt und viel Wortgeklingel die "Neue Tölzer Hotelkultur" verkündet. Nun droht das Projekt zu scheitern

Von Klaus Schieder

Fast sieben Jahre ist es her, dass die Stadt Bad Tölz mit einem Hochglanzprospekt und viel Wortgeklingel ihre frohe Botschaft der "Neuen Tölzer Hotelkultur" verkündete. Nach dem Ende der alten Sozialkur sollte dieses Konzept mit den Kapiteln Spa, Seminare und Gesundheit vor allem jene Gäste anlocken, die ihren Urlaub in und um Tölz verbringen, zugleich aber auch etwas für ihre Fitness und ihr seelisches Wohlbefinden tun. Nun ist es nicht so, dass seither gar nichts passiert wäre: Im Kurviertel entstand das Vitalzentrum mit Kursen und Trainingsangeboten, in der Sportjugendherberge die "e-motion-Base" als Raum für Tagungen und Bewegung. Trotzdem liegt die Tölzer Hotelkultur im Koma. Ihr fehlt das, was ihr wirklich Leben einhauchen würde: das neue Hotel an der Arzbacher Straße.

Im ersten Entwurf wirkte dieses Projekt der Bauträgerfirma Arcus betörend, allerdings auch so greifbar wie eine Fata Morgana. Zwei Luxushotels, ein großes Konferenzgebäude, Shops, Sportstudio und Serviced Appartements, dazu noch das Spa "Natura Tölz", das die Stadt weiter unten an der Bockschützstraße bauen will: Dieser Plan hatte Charme und womöglich auch das Potenzial, selbst zahlende Gesundheitstouristen nach Tölz zu lotsen, die nicht bloß über Nacht, sondern ein, zwei Wochen bleiben. Der zweite Entwurf, der vor elf Monaten präsentiert wurde, sieht erdgebundener, aber völlig grau aus: Vorgesehen ist nur noch eine Hotelburg mit 21 Quadratmeter kleinen Zimmern. Das behebt vielleicht den Mangel an den rund 500 Betten, unter dem Tölz leidet, aber sicher nicht das Problem mit der immer kürzeren Verweildauer der Gäste. Und die fünf Häuser mit Eigentumswohnungen, die der Querfinanzierung dienen sollen, verschärfen bloß ein anderes Dilemma: Die von ansässigen Immobilienfirmen mit ihren Luxusbauprojekten ohnehin in die Höhe gepeitschten Quadratmeterpreise werden weiter ins Unbezahlbare steigen.

Wenn Bürgermeister Josef Janker nun erstmals andeutet, sich womöglich ein anderen Partner als Arcus zu suchen, klingt dies zwar verständlich. Aber gewonnen wäre damit noch nichts. Das städtische Spa, für das noch kein Betreiber gefunden ist, stünde abgekoppelt an der Bockschützstraße, das Sportstudio Hirsch müsste weiß Gott wohin umziehen, fürs Hotel bräuchte es einen neuen Investor. Dann kann die Stadt ihre "Neue Tölzer Hotelkultur" im Grunde auch gleich beerdigen.

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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