Kommentar:Die dunkle Seite Ickings

Es ist ein Skandal, dass Sozialhilfeempfänger in einer baufälligen Reitschule untergebraucht sind

Von Claudia Koestler

Perle des Isartals", so wird Icking oft genannt. Nicht ohne Grund, ist die Villen-Kommune malerisch am Hochufer der Isar gelegen, mit sagenhaftem Blick auf die Alpenkette. Ein Glückspilz also, wer dort lebt - und bald mit einem edlen Tropfen Mineralwasser aus der Ickinger Quelle darauf anstoßen kann, sollte Johann Abfalter seine Pläne umsetzen. Dieses Leben muss man sich aber leisten können - bei Grundstückspreisen in Millionenhöhe.

Klar könnte man die Ickinger Ickinger sein lassen und ihnen ihre Sonnenseite gönnen. Wenn es nicht Schatten im Paradies gäbe. Denn mitten in dieser Enklave gibt es Menschen, die alles andere als das Glück gepachtet haben. Sozialhilfeempfänger, die teils nach langem, harten Arbeitsleben auch noch krank und auf Hilfe angewiesen sind, um zu überleben. Schlimm genug für unsere Gesellschaft. Schlimmer aber die Bedingungen, unter denen sie in Icking ihr Dasein fristen. Einquartiert in einer baufälligen Reitschule, in engen Kammern und auf spartanischem, verschlissenem Gebrauchtmobiliar. Dass auf der Reithalle auch noch Asbest zu finden ist, lässt Schlimmes vermuten für die Zustände, unter denen nebenan gehaust wird. Die Sorgen der Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung zur künftigen Entwicklung des Areals in allen Ehren: Absolute Priorität muss aber haben, diese Mitbürger in akzeptable Wohnverhältnisse umzuquartieren. Sich aktiv darum zu kümmern würde Abfalters Unternehmen gut zu Gesicht stehen, das dort ausgerechnet mit der Gesundheit Geld verdienen will. Auch die Gemeinde wäre gut beraten, sich ihrer nicht so privilegierten Mitbürger aktiv anzunehmen. Es wurde dort schon viel zu lange weggeschaut.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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