Kloster Schlehdorf:Ärger um Ausgrabungen

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Der Zweckverband für das Senioren- und Pflegeheim Schlehdorf soll 315 000 Euro für archäologische Arbeiten am Kloster zahlen. Bürgermeister Stefan Jocher protestiert scharf in einem Brief an Kultusminister Spaenle

Von Ingrid Hügenell, Schlehdorf

Stefan Jocher ärgert sich. Der Schlehdorfer Bürgermeister ist sogar so verärgert, dass er sich mit seinem Verdruss an den bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) gewandt hat. Denn Jocher ist auch Vorsitzender des Zweckverbands Senioren- und Pflegeheim Schlehdorf, der gerade den Bau eines neuen Heims plant. Auf dem Bauplatz sind die Reste des zweiten Klosters Schlehdorf entdeckt worden, das von 1140 bis 1718 dort stand. Die werden seit mittlerweile neun Monaten ausgegraben. Bezahlen soll dafür der Zweckverband. Nach derzeitigen Schätzungen belaufen sich diese Ausgaben auf 315 000 Euro.

Damit kommt der Zweckverband noch gut weg. Denn zumutbar ist Jocher zufolge, dass der Grundstückseigentümer 15 Prozent der Baukosten für bodendenkmalpflegerische Arbeiten zu tragen hat. Bei geschätzten acht Millionen Euro Kosten für das Pflegeheim wären das maximal 1,2 Millionen Euro. "Ist es dem reichen Freistaat Bayern wirklich nicht zuzumuten, die Kosten für die Erkundung seiner reichhaltigen Geschichte selbst zu tragen?", fragt Jocher erbost in seinem Brief an den für den Denkmalschutz zuständigen Kultusminister. Seines Wissens nach gebe es diese Regelung nur in Bayern, sie sei in der Ära Stoiber entstanden, so Jocher. Durch die Ausgrabungen hätten sich ohnehin die Bauzeiten verlängert. Das und die Kosten für die Ausgrabungen "bringen uns in erhebliche Schwierigkeiten, die ich nicht mehr unwidersprochen hinnehmen will." Jocher ärgert sich auch deshalb, weil die Last letztendlich die alten Leute tragen müssten, die in das Heim einziehen werden. Denn die müssten mehr bezahlen, weil die höheren Kosten umgelegt werden.

Schließlich könnte Jocher zufolge auch ein kleiner "Häuslebauer" betroffen sein, dessen Lebenswerk zunichte gemacht würde, wenn auf seinem Grund ein Denkmal auftaucht. Das ist nach Jochers Kenntnis auch bereits passiert. "Es stinkt zum Himmel", sagt er. "Künftige Fälle sollen anders gehandhabt werden." Jocher hat seinen Brief auch an den Stimmkreisabgeordneten Martin Bachhuber (CSU) und an Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) geschickt. Bachhuber sagte am Freitag auf Anfrage, er müsse sich erst kundig machen, wolle sich der Sache allerdings annehmen.

Die kleine Gemeinde Schlehdorf unternehme mit dem Bau des Seniorenheims einen Gewaltakt und werde durch die Ausgrabungen immer wieder zusätzlich belastet. "Irgendwann muss da ein Ende herschauen." Bachhuber will sich nun zuerst um den Einzelfall Schlehdorf kümmern, dann eventuell um eine allgemeine Regelung. Das Kultusministerium selbst konnte am Freitag nicht eindeutig Stellung zu der Angelegenheit nehmen. Der Schlehdorfer Fall sei noch nicht bekannt, und wie es mit privaten Grundstücksbesitzern aussehe, hänge auch davon ab, ob das Bodendenkmal zufällig entdeckt worden oder schon bekannt gewesen sei, teilte die Pressestelle mit.

Stefan Jocher, Vorsitzender des Zweckverbands. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Ausgrabungen am alten Augustiner Chorherrenstift sind mittlerweile beinahe abgeschlossen. Jocher geht davon aus, dass am Montag das Grundwasser soweit abgesenkt werden kann, dass mit dem Bau des Heims für pflegebedürftige Schlehdorfer begonnen werden kann.

Er betont in seinem Brief an Minister Spaenle, dass die Mitglieder des Schlehdorfer Zweckverbands weder Kulturbanausen noch desinteressiert an bayerischer Geschichte seien. Vielmehr wolle man "lediglich unseren pflegebedürftigen Mitmenschen eine menschenwürdige Unterkunft und Versorgung bieten".

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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