Im Stimmkreis 110:Wahlkampf im Sommerloch

Lesezeit: 3 min

Die meisten Kandidaten wollen die Wähler nicht zu früh behelligen. Ohnehin müsse sich ein Politiker täglich verkaufen und permanent beweisen, dass er etwas könne, sagt Werberin Monika Uhl

Von Benjamin Engel

Keine Wahlwerbung, nirgends: Die Litfaßsäule vor dem Geretsrieder Rathaus ist noch Märkten und der Kultur vorbehalten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Landtagswahlkampf ist im Straßenbild der Landeshauptstadt München angekommen. Von vielen Plakatständern grüßen die Fotos der Kandidaten. Wahlveranstaltungen werden angekündigt. Davon ist im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen noch nichts zu sehen. Die heiße Wahlkampfphase wird in der Region erst Ende Juli, Anfang August beginnen. Das sagen die Direktkandidaten für die Landtagswahl am 15. September im Stimmkreis 110, er umfasst den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und Teile des Landkreises Garmisch-Partenkirchen. Nur SPD-Stimmkreiskandidat Paul Lehmann sagt, er stecke schon mitten im Wahlkampf. Martin Bachhuber (CSU) möchte sein Wahlprogramm in der kommenden Woche präsentieren. Er hat für seinen Wahlkampf eine Agentur engagiert.

Die Kandidaten

Der Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber sagt, er arbeite derzeit an seinem Wahlprogramm, das er nächste Woche vorstellen möchte. Zum Inhalt will er noch nichts sagen. "Ich bin überzeugt, jetzt möchte der Bürger noch nichts vom Wahlkampf wissen." Sechs Wochen vorher mit der Wahlauseinandersetzung zu beginnen, hält er für ausreichend. Ende Juli, Anfang August sollen die ersten Wahlplakate aufgestellt werden. Bachhuber plant auf Wahlkampfveranstaltungen im Stimmkreis präsent zu sein. So möchte er mit Bürgern ins Gespräch kommen. Weiterhin soll es Informationsstände und Bürgergespräche geben.

"Die Wahl entscheidet sich im letzten Monat", sagt Florian Streibl, Stimmkreisdirektkandidat der Freien Wähler. Diese Zeit reiche aus. Bis dahin ist er noch als Landtagsabgeordneter gefordert. Weiterhin wird er Vorträge zur Causa Mollath halten. Im Landtags-Untersuchungsausschuss ist er stellvertretender Vorsitzender. Die Freien Wähler wollten an möglichst vielen Orten präsent sein. Das Budget sei aber knapp. Man müsse daher die Zahl der Veranstaltungen genau planen. Die Freien Wähler wollten im Oberland einen einheitlichen Wahlkampf machen. "Wir unterstützen uns gegenseitig." Ebenso möchte Streibl im Internet die Wähler zum Beispiel über Facebook ansprechen.

Streibl setzt sich für gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land ein. Die Infrastruktur mit Straßen, Schienen und schnellem Internet müsse ausgebaut werden. Grundschulen sollten vor Ort erhalten bleiben. Bei der Energiewende müssten Wasserkraft und Bioenergie mehr genutzt werden. Das ehrenamtliche Engagement von Trachten- und Gebirgsschützenvereinen möchte Streibl unterstützen.

Mitten im Wahlkampf steckt der SPD-Direktkandidat Paul Lehmann. Mit seinen Mitstreitern verteilt er bereits die Zeitung "WiR", Wahlkampf in der Region. Darin werden die Bundestags-, Landtagskandidaten und Bezirkstagskandidaten der SPD und ihre Themen vorgestellt. Lehmann setzt auf Haustürbesuche und möchte von Ende Juli an auch an Infoständen präsent sein. Mit jungen Wählern kommuniziert Lehmann im Internet. Der Tölzer möchte die Situation der vielen Minijobber und Aufstocker im Landkreis verbessern. "Sie brauchen eine gut bezahlte Arbeit." Er fordert ein Energiekonzept für den Landkreis. Die Mädchenrealschule in Schlehdorf müsse dauerhaft erhalten bleiben.

Den Wahlkampf zu früh zu beginnen, hält Andreas Morr, Direktkandidat der Grünen, nicht für sinnvoll. "Viele Wähler legen sich erst in den letzten zwei Wochen vor der Wahl fest." Die Menschen seien ohnehin derzeit sehr apolitisch. Sie könne man nur mit glaubhafter Politik zurückgewinnen. Ein Politiker dürfe nicht alle zwei Wochen seine Meinung ändern. Soziale Themen sind Morr wichtig. Asylbewerber sollten lokal integriert werden. Sammelunterkünfte lehnt er ab. Die Energiewende müsse vorangetrieben werden.

Direktkandidat der Linken im Stimmkreis ist Uwe Schulz. Er will mit dem Wahlkampf erst in den Sommerferien beginnen. Schulz tritt für mehr sozialen Wohnungsbau ein. Persönliche Gespräche führen, das hält Schulz für seine Stärke. Volker Koschay, FDP-Direktkandidat, war am Dienstag telefonisch nicht zu erreichen.

Die Werbeagentur

Monika Uhl berät mit ihrer Agentur "Marketing & Markenentwicklung" in Penzberg Politiker wie Martin Bachhuber im Wahlkampf. Die wenigen Wochen vor einer Wahl entschieden nicht allein über Sieg oder Niederlage, sagt sie. "Ein Politiker muss sich täglich verkaufen." Er müsse bewiesen haben, dass er etwas könne. Sei das nicht so, werde der beste Wahlkampf daran nichts ändern. Die Wähler sollte man mit einer Mischung aus alten und neuen Medien ansprechen. Jüngere informierten sich eher über das Internet. Doch ohne Plakate und Flyer einzusetzen, komme auch kein Wahlkämpfer aus. Interessant ist aus ihrer Sicht, dass vor allem Erst- und Zweitwähler zur Wahl gehen. Mittlere Jahrgänge blieben eher zu Hause. Die Älteren und vor allem die Nachkriegsgeneration wählten wieder öfter. Das belegten Umfragen, sagt Uhl.

Ihr geht es darum, die Persönlichkeit eines Politikers verstehen, wenn sie ihn berät. "Ich muss herauszufinden, wie er reagiert und was er will." Denn je stärker der Beratene hinter einem Thema stehe, desto besser könne er es verkaufen. Um Wähler zu gewinnen, müsse ein Politiker durch seine Persönlichkeit überzeugen und es ehrlich meinen. Je nach Wunsch gestaltet Uhl die Homepage von Politikern, Wahlplakate und Flyer oder organisiert Fotostrecken.

Die Wahlleiterin

Sabine Preisinger ist Wahlleiterin für die Landtags- und Bezirkstagswahlen im Tölzer Landratsamt. Wer wo und wann Wahlplakate aufhängen darf, regelten im Landkreis ausschließlich die einzelnen Kommunen, sagt sie. Im Landratsamt ist sie dafür zuständig, dass die Wahlen ordnungsgemäß und rechtlich einwandfrei ablaufen. Sie koordiniert, wie viele Stimmzettel bestellt werden müssten. Als Wahlleiterin sammele und leite sie die Wahlergebnisse aus allen Landkreis-Kommunen weiter.

Die Kommunen

In Wolfratshausen können Parteien jederzeit beantragen, Plakate aufzustellen, sagt Martin Melf vom städtischen Ordnungsamt. Vier Wochen vor der Wahl sei die Genehmigungspflicht aufgehoben. Parteien könnten ihre Plakate dann einfach aufstellen. Sie dürfen nur nicht den Straßenverkehr beeinträchtigen. Direkt an Ampeln oder bis zu fünf Meter vor Einmündungen oder Kreuzungen dürften keine Plakate stehen, sagt Melf. Die Anzahl der Plakate regelt die Stadt nicht. In Bad Tölz stellen die Parteien ihre Plakate üblicherweise sechs Wochen vor der Wahl auf.

© SZ vom 10.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: