Im Sechser-Sessel zur Bergstation:Im Express aufs Brauneck

Lesezeit: 2 min

Der neue Milchhäusl-Lift soll künftig 2800 Wintersportler pro Stunde von Wegscheid aus zum Skigebiet auf dem Lenggrieser Hausberg transportieren. Die Kosten belaufen sich auf etwa acht Millionen Euro

Von Suse Bucher-Pinell

Lenggries - Bequem sind sie, blau sind sie, und wer derzeit auf dem Weg zur Bergbahn am Brauneck ist, kann gar nicht daran vorbei schauen. Neben der Kasse an der Talstation ist einer jener Sechser-Sessel zum Probesitzen aufgestellt, die vom nächsten Winter an Skifahrer im neuen Milchhäusl-Express von Wegscheid aus auf den Berg bringen und damit zwei Schlepplifte ersetzen. Bis zu 2800 Wintersportler in der Stunde können befördert werden, die auf beheizten Polstern sitzen und sich durch eine herunterklappbare Haube vor Wind und Wetter schützen können. In einem Viertel der bisher erforderlichen Zeit kommen sie an der neuen Bergstation an, die zentraler im Skigebiet liegt als der Ausstieg des Schlepplifts.

Noch erfüllt der Schau-Sessel reine Werbezwecke. Zur nächsten Saison bekommt er eine andere Aufgabe. Er wird dann als Übungsobjekt gebraucht. An der Talstation des Milchhäusl-Express sollen mit ihm vor allem Skischul-Kinder eine fiktive Testfahrt unternehmen und lernen, wie das mit dem Schließbügel und dem richtigen Sitzen funktioniert. Der Bügel muss dann nicht mehr mühsam manuell herunter geholt werden, er wird sich automatisch senken und verriegeln, um sich kurz vor dem Ausstieg von sich aus wieder zu öffnen. "Alles wird elektronisch überwacht", sagt Peter Lorenz, Chef der Brauneck-Bergbahn. Das bedeute einen wesentlichen Schritt in Richtung Kindersicherheit, besonders dann, wenn ein Skilehrer mit fünf Schülern bergwärts fahre.

Auch beim Einsteigen wird auf den Nachwuchs Rücksicht genommen. Eine Lichtschranke erfasst die Körpergrößen mit dem Effekt, dass das Förderband bei Bedarf automatisch hochgefahren wird, um Kindern das Einsteigen zu erleichtern. "Man muss die Kinder nicht mehr in den Sitz heben", sagt Lorenz. Erwachsene müssten demgegenüber dann etwas tiefer in die Knie. Für Lorenz bringt der Milchhäusl-Express noch einen weiteren Vorteil: Die Familienabfahrt nach Wegscheid kann, künftig zudem beschneit, intensiver genutzt werden. Bisher diente sie vor allem als Abfahrt am Ende eines Skitages, sonst wurde sie wegen langer Wartezeiten am Lift meist gemieden. Die Kapazität der neuen Anlage ist mehr als doppelt so hoch wie bei der alten. Mit fünf Metern in der Sekunde fährt sie im Maximum sogar zügiger als die Bergbahn. "Man ist schnell oben und muss unten nicht warten", sagt Lorenz.

Einige hundert Meter Luftlinie weiter, in Wegscheid, haben die Bauarbeiten für den Milchhäusl-Express begonnen. Ein großes Loch klafft am Berg, ungefähr dort, wo das alte Lifthäuschen stand. Per Kranauto werden Fertigbetonteile an die richtige Stelle gehievt, die nach und nach zur Wand der Sesselbahnhalle zusammengefügt werden.

60 Meter lang wird sie werden und am Ende, zur Hälfte mit Erde zugeschüttet, im Berg verschwinden. In ihr werden die 97 Sessel nachts im Winter und den Sommer über geparkt. Einige alte Liftstützen sind schon abgebaut, dafür ragen neue schräg in den Himmel. Sie gehören zur Materialseilbahn für die Bauzeit. "Wir haben uns aus ökologischen Gründen gegen den Transport per Lastwagen und wegen des Lärms gegen den Einsatz von Hubschraubern entschieden", sagt Lorenz.

Kritik an der Baumaßnahme übt die Kreisgruppe des Bund Naturschutz. Wäre es nach ihr gegangen, wäre die alte Lifttrasse erhalten worden. Sie wurde um einiges verlegt, wobei etliche "für den Naturschutz wertvolle Bäume" zum Opfer gefallen seien. "Wir heißen den Bau nicht gut", sagt ein Sprecher. Man müsse bei den Prognosen für zukünftige Winter drei Mal überlegen, ob eine so große Investition und Baumaßnahme sinnvoll sei. Acht Millionen Euro investiert die Brauneck- und Wallbergbahnen GmbH in den Milchhäusl-Express.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: