Gespräch zur Veranstaltung:Urevangelischerzkatholisch

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Elisabeth Göbel und Chistoph Heuberger in der Stadtpfarrkirche Bad Tölz. (Foto: Manfred Neubauer)

Die beiden Tölzer Kirchenchöre geben ein ökumenisches Konzert zum Reformationsjubiläum

Interview von Sabine Näher

Der ökumenische Geist weht schon vor Gesprächsbeginn: Für den Fotografen nehmen Elisabeth Göbel, Kantorin an der evangelischen Johanneskirche in Bad Tölz, und Christoph Heuberger, Kirchenmusiker an der katholischen Stadtpfarrkirche, gemeinsam an der Orgel Platz. Am Samstag, 21. Oktober, gestalten sie mit ihren Chören und namhaften Solisten in Maria Himmelfahrt gemeinsam ein Kirchenkonzert zum Lutherjahr.

SZ: Sie haben für Ihr Konzert eine Haydn-Messe und eine Bach-Kantate ausgewählt - urkatholisches und erzprotestantisches Repertoire. Wollen Sie damit den ökumenischen Gedanken sofort auf den Punkt bringen?

Christoph Heuberger: Ja, das war schon so die Idee. Aber natürlich ist diese Einteilung nach konfessionellen Kategorien mit etwas Vorsicht zu genießen. Und schon gar nicht kann man die Werke nur darüber definieren. So war Joseph Haydn der Aufklärung sehr zugetan. Und in dem neuen Buch von John Eliot Gardiner habe ich gelesen, dass sich Bach in seinen letzten Leipziger Jahren ebenfalls in aufklärerischen Zirkeln umgetan hat.

Elisabeth Göbel: Die Kirchenmusik ist im Herzen ohnehin ökumenisch: Wir machen Mozart und Haydn, ihr macht Bach-Kantaten . . .

Heuberger: Die Zeiten der strikten Trennung sind Gott sei Dank vorbei. Aber noch vor ein paar Jahrzehnten war es tatsächlich verpönt, in einer katholischen Kirche Bach zu spielen, jedenfalls hier im Oberbayrischen. Ich bin ja in Kitzingen aufgewachsen, wo es ungefähr ebenso viele Katholiken wie Protestanten gibt. Da war die Trennung nie so strikt.

Spiegelt sich die konfessionelle Zugehörigkeit noch im Repertoire der Chöre?

Göbel: Ich glaube, die Repertoireunterschiede bedingen sich vor allem dadurch, dass wir mehr Konzerte machen, weil wir weniger im Gottesdienst eingebunden sind. Aber die Werkauswahl erfolgt grundsätzlich nicht nach konfessionellen Überlegungen. Das Kriterium ist: Handelt es sich um gute Musik?

Heuberger: Das sehe ich ähnlich. Dennoch erwächst aus der Tradition eines Chores ein typisches Repertoire. Das sind bei uns eben vor allem die klassischen Orchestermessen von Haydn, Mozart und Schubert. Aber selbst mein Vorgänger im Amt hat schon Bach gemacht; das war also kein Neuland für meinen Chor. Übrigens eint uns auch die Liebe zur Neuen Musik: Unser erstes gemeinsames Projekt war Frank Martins Oratorium "In Terra Pax".

Mit welchen Erwartungen geht man an ein solches gemeinsames Projekt heran?

Heuberger: Spannend ist es vor allem kennenzulernen, wie der andere Chor arbeitet, wie die Stimmung dort so ist. Jeder Chor ist ja ein ganz eigenes Gebilde. An diesem, unserem zweiten gemeinsamen Projekt reizt mich insbesondere der musikalische Kontrast des Programms: Diese schwere g-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach, sehr anspruchsvoll, sehr differenziert - wie Bach halt so ist. Das stellt einen vor immense Herausforderungen. Aber man kann's hinkriegen.

Göbel: Ja, das Stück ist einerseits streng, aber dann gibt es solche Momente mit einem regelrechten Augenzwinkern!

Heuberger: Was mich immer wieder begeistert, ist die Lust, die Bach an der Bewegung hat, am Tanz. Das ist in meinen Augen bezeichnend für Bach. Und dann stellen wir das dieser Idylle der Haydn-Messe gegenüber, die trotz ihrer Leichtigkeit eine sehr gute und ernsthafte Musik ist. Das nebeneinander im Konzert zu erleben wird spannend.

Nach Kompetenzstreitigkeiten sieht es zwischen Ihnen beiden ja nicht aus. Wie haben Sie die Arbeit aufgeteilt?

Göbel: Jeder probt natürlich zunächst einmal separat mit seinem eigenen Chor. Wir haben gleich nach Ostern damit angefangen. Dann haben wir sechs gemeinsame Proben. Die leite ich, weil ich im Konzert auch die Kantate dirigiere.

Heuberger: Und ich singe derweil im Chor mit, assistiere am Klavier oder mache mit einer Chorstimme eine Extra-Probe. Das bietet sich ja an, wenn man zwei Chorleiter zur Verfügung hat. Im Konzert dirigiere ich die Haydn-Messe, die zu unserem Kernrepertoire zählt. Obwohl das ja eigentlich Elisabeths Konzert ist . . .

Göbel: Die Bach-Kantate wiederum passt bestens zur ökumenischen Botschaft, weil sie Jesus Christus als den Herrn in den Mittelpunkt stellt - verdeutlicht in dem wunderbaren Schlusschoral "Jesu bleibet meine Freude". Damit wollen wir diese Botschaft nach außen tragen. Mich freut es ganz besonders, dass wir gerade zum Reformationsjubiläum dieses gemeinsame Konzert machen. Übrigens auf Anregung des katholischen Chores! Und das zu diesem ur-evangelischen Fest.

Samstag, 21. Oktober, 19 Uhr, Stadtpfarrkirche Maria H immelfahrt, Bad Tölz; weitere Mitwirkende: Anna Morva (Sopran), Barbara Hölzl (Alt), Nikolaus Pfannkuch (Tenor), Thomas Stimmel (Bass) und das Kammerorchester der Johanneskirche; Karten zu 26, 22, 18 und 12 Euro bei der Tourist-Information und in der Buchhandlung Winzerer

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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