Bad Tölz-Wolfratshausen:Wenn die Familie nachkommt

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Landkreis muss Angehörige von Asylbewerbern unterbringen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn ein Asylbewerber anerkannt ist und in Deutschland bleiben darf, möchte er seine Familie ebenfalls in Sicherheit wissen. Der Familiennachzug stellt den Landkreis vor große Herausforderungen. Denn die Angehörigen reisen von vornherein als Obdachlose in die Bundesrepublik ein. Für sie gilt nicht mehr der Status von Asylsuchenden. Die Familien müssten sich demnach selbst auf dem freien Wohnungsmarkt eine Bleibe suchen, was schwierig ist, denn sie leben in der Regel von Hartz IV.

Der Landkreis hat nun entschieden, den nachkommenden Familienmitgliedern Unterkünfte zu stellen. Allerdings nicht an deren Wunschort, was zu Unmut in einigen Helferkreisen führt. Doch Landrat Josef Niedermaier (FW) will dem Druck der Ehrenamtlichen nicht nachgeben. "Das funktioniert nicht", sagte er im Sozialausschuss des Kreistags.

Es müsse niemand unter einer Brücke schlafen, sagte Niedermaier. Aber ein Wunschkonzert könne die Unterbringung auch nicht sein. Das Ansinnen der Helfer, die Flüchtlinge könnten die vom Landkreis angemieteten Wohnungen tauschen, lehnt er aus mehreren Gründen ab. Zum einen müssten die Mietverhältnisse zwischen Landratsamt und Vermietern aufgelöst und neue mit den Anerkannten abgeschlossen werden, was ein aufwendiges Procedere wäre; zum anderen will sich der Kreis nicht von den Wohnungen trennen, sondern diese als Vorrat behalten. Auch wenn die Regierung von Oberbayern keine neuen Anmietungen mehr wünscht und auf große Gemeinschaftsunterkünfte setzt, sei der Landkreis verpflichtet, ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten nachzuweisen. "Außerdem werden die Wohnungen vom Freistaat bezahlt, wir können sie nicht mit Fehlbelegern blockieren."

540 anerkannte Flüchtlinge leben im Landkreis. Sie haben nach ihrer Anerkennung drei Monate Zeit, den Nachzug der Familien zu beantragen. Im Landratsamt weiß niemand, wie viele solche Anträge gestellt haben. In Oberbayern leben 3400 Anerkannte. 311 Personen sind 2016 nachgezogen. Laut Karsten Ludwig, im Landratsamt zuständig für Asyl, sollen 16 Anträge der Botschaft vorliegen.

Kreisrat Konrad Specker (FW) fragte wegen der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in der Leonardis-Klinik in Bad Heilbrunn nach. Der Heilbrunner Gemeinderat habe der Nutzungsänderung nur unter der Bedingung zugestimmt, dass keine weiteren Asylsuchenden im Ort untergebracht werden. Nun sollen zu den 40, die bereits in Bad Heilbrunn leben, weitere 90 kommen. Ob damit der Verteilungsschlüssel für Asylsuchende noch stimme, wollte Specker wissen. Der Gemeinderat habe bei einer Nutzungsänderung nur über baurechtliche Aspekte zu befinden, aber nicht wer oder wie viele Flüchtlinge untergebracht werden, erwiderte Niedermaier. Die GU sei von der Regierung von Oberbayern übernommen worden und stehe seit Langem leer. Das koste sehr viel Geld.

Nun soll die ehemalige Klinik sukzessive belegt werden, damit sich die Bürger daran gewöhnen könnten, sagte Ludwig. Über Nationalitäten und Familienstand könne er nichts sagen. Hintergrund ist, dass im Landkreis München wie im Landkreis Miesbach nach und nach die Flüchtlingsunterkünfte in Traglufthallen aufgelöst werden sollen. Die dort lebenden Asylsuchenden werden auf die Gemeinschaftsunterkünfte verteilt.

Specker kann der zentralen Unterbringung nichts abgewinnen. Er erkennt ein Gefahrenpotenzial, unter anderem wegen möglicher Anschläge auf die GUs. Auch mit Integration haben diese in seinen Augen nichts zu tun.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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