Bad Tölz-Wolfratshausen:Tasse ja, Glas nein

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Behördenlogik: Wer schon eine Tasse hat, braucht kein Glas mehr. Der Landkreis ist damit nicht einverstanden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Regierung von Oberbayern hat ganz eigene Vorstellungen, was Asylbewerber an Grundausstattung brauchen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Bei Weitem nicht alle Kosten im Asylbewerber-Bereich werden den Landkreisen vom Freistaat erstattet. Laut Gesetz werden "die notwendigen Kosten der erbrachten Leistungen" erstattet. Nun gehen im Tölzer Landratsamt und bei der Regierung von Oberbayern die Meinung leicht auseinander, was notwendige Kosten sind. Es geht um die Grundausstattung für Asylsuchende. Was Sozialamtsleiter Thomas Bigl dem Kreisausschuss des Kreistags dazu berichtete, mutet skurril an. So erhält ein Flüchtling eine Tasse, aber kein Glas - weil er ja eine Tasse hat, und die muss reichen.

Zur aus staatlicher Sicht notwendigen Ausstattung zählen pro Person ein Tisch, Stuhl, Bett, Schrank, Tasse, Teller flach, Teller tief, Buttermesser, Gabel, Löffel, Teelöffel, Topf, Pfanne, Handtuch und Badetuch. Im Landratsamt ist man der Meinung eine Kommode, ein Spiegel, eine Garderobe, ein Babyhochstuhl (wenn nötig), ein Schneidebrett, ein Küchenmesser, ein Glas, eine Schüssel, ein Seiher und ein Geschirrtuch seien ebenfalls notwendig. All diese Dinge zahlt die Regierung von Oberbayern nicht, weshalb der Landkreis in einem Quartal 2014 etwa 3300 Euro selbst berappen musste. Dazu kommen Fernsehgeräte, die allesamt gespendet wurden, und die dazu benötigten Receiver.

Landrat Josef Niedermaier (FW) und Bigl warben im Gremium darum, solche zusätzlichen Ausgaben weiter tätigen zu können, bis zu maximal 15 000 Euro im Jahr. Die Gesamtkosten für Asylbewerber beliefen sich im vorigen Jahr auf knapp 716 000 Euro, erstattet wurden etwa 712 000 Euro. Ebenfalls nicht übernommen werden die Kosten für den Sicherheitsdienst. Dass ein solcher im Notfall verständigt werden könne, schaffe bei Nachbarn und Vermietern Vertrauen. Deshalb wolle er darauf nicht verzichten, sagte Niedermaier.

Im Gremium sah man dies genauso. Cornelia Irmer (FW) sprach von einer notwendigen Grundausstattung und einer "menschenwürdigen Behandlung", wobei man über Fernseher streiten könnte. Aber so lange die Geräte Spenden seien, gehe das in Ordnung. Der Kreisausschuss stimmte zu, die Mehrkosten zu tragen.

Die Regierung von Oberbayern übernimmt auch nicht die Personalkosten für die Betreuung der Asylbewerber. Erst wenn es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, also ab 75 Flüchtlingen aufwärts, wird ein Verwalter in Vollzeit bezahlt. Doch der Landkreis hat bislang versucht, die Asylbewerber überwiegend dezentral in Wohnungen unterzubringen. In Zukunft werde das nicht mehr möglich sein, sagte der Landrat. Er kündigte ein Treffen mit den Bürgermeistern der 21 Kommunen im Kreis an. Dabei sollen Standorte für die Gemeinschaftsunterkunft gefunden werden. Kreisrat Klaus Koch (Grüne) regte an, den vielen Ehrenamtlichen, die die Flüchtlinge betreuen, mehr Unterstützung zukommen zu lassen. Das könnte über vom Landkreis finanzierte Koordinierungsstellen erfolgen. Niedermaier versprach, diesen Vorschlag aufzunehmen.

© SZ vom 15.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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