Notfallplan:Kommunen bereiten sich auf mehr Flüchtlinge vor

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Bürgermeister einigen sich darauf, dass eine Quote für die Unterbringung sinnvoll sei. Werner Weindl schlägt Flussmeisterstelle als Quartier für 100 Menschen vor. Josef Janker hält an Klage fest

Von Klaus Schieder, Bad Tölz-Wolfratshausen

Josef Janker (CSU) kann verstehen, dass der Landkreis eine Erstaufnahme für 100 Asylbewerber an diesem Mittwoch im leer stehenden Hotel Jodquellenhof im Kurviertel einrichtet. Nachdem die Regierung von Oberbayern am Freitag den Notfallplan für den Landkreis aktiviert hat, sei dieser Schritt von Landrat Josef Niedermaier (FW) durchaus "nachvollziehbar", findet der Tölzer Bürgermeister. Die Alternative wäre die Belegung von Schulturnhallen, zum Beispiel des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums. "Das geht ja nicht", findet Janker.

Ungeachtet des Notfallplans diskutierten die Bürgermeister der 21 Städte und Gemeinden im Landkreis am Montag bei der obligatorischen Dienstbesprechung über die Quote, die der Landkreis für die Kommunen zur Aufnahme von Asylbewerbern einführen möchte. Die Rathauschefs hätten zusammen mit Landrat Niedermaier "anerkannt, dass die Einführung einer Gemeindequote zur Unterbringung der weiter wachsenden Asylbewerberzahlen eine sinnvolle und zielführende Maßnahme zur Behebung des derzeitigen Unterbringungsnotstandes sein könnte", heißt es aus dem Landratsamt. Der Verteilungsschlüssel soll nun Thema in den Stadt- und Gemeinderäten sein.

In Lenggries werden die Container bezugsfertig gemacht. Dort können 50 Flüchtlinge unterkommen. (Foto: Manfred Neubauer)

Wie der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) berichtete, soll unter anderem das alte Vermessungsamt in Wolfratshausen als weitere Unterkunft rasch angegangen werden, ebenso die staatliche Flussmeisterstelle in Lenggries. Schon im Vorjahr habe er dieses Gebäude mit Platz für etwa 100 Asylsuchende der Regierung von Oberbayern vorgeschlagen, sagt Weindl. Die Antwort nach monatelanger Wartezeit: Die Flussmeisterstelle sei ungeeignet, weil sie in einem FFH-Gebiet liege. Außerdem plane das Wasserwirtschaftsamt dort eine gewässerökologische Maßnahme. Der Lenggrieser Bürgermeister ärgerte sich. Das Gebäude liege nachweislich nicht in einem FFH-Gebiet, die Maßnahme des Wasserwirtschaftsamts an einem Seitenarm der Isar nördlich der Stelle sei längst abgeschlossen. Weindls Fazit: "Da wurde ein Dreivierteljahr verplempert."

Im Zuge des Notfallplans muss der Landkreis insgesamt Erstaufnahme-Quartiere für 150 Asylsuchende schaffen, die restlichen Plätze entstehen in den Containern in Lenggries. Die mobilen Unterkünfte sollten ursprünglich schon im Februar oder März bezugsfertig sein. "Das hat sehr lange gedauert", sagt Bürgermeister Weindl.

Nach Aussage von Michael Foerst, Sozialamtsleiter im Landratsamt, lag die Verzögerung vor allem daran, dass bei der Vergabe von Aufträgen an diverse Firmen das Übergabedatum ungenügend fixiert worden sei. Nun sei man darüber sogar froh. "Denn hätten wir sonst keine Kapazitäten gehabt, hätten wir Turnhallen belegen müssen." Der zuständige Mitarbeiter im Landratsamt werde bis Mittwoch noch Geschirr herbeischaffen und Betten aufstellen. "Er ist sich so gut wie sicher, dass er das schafft," sagt Foerst. Weindl traf sich am Montagabend in großer Runde mit ehrenamtlichen Kräften in Lenggries, um die weiteren Einsätze zu besprechen.

Die neue Situation im Jodquellenhof wird auch die etwa 170 ehrenamtlichen Helfer in Tölz fordern. Allerdings stellt Janker klar, dass sie in dem Hotel "nur sukzessive präsent" sein würden. "Wir wollen nicht, dass unsere Helfer acht Stunden vor Ort sind." Außerdem verweist Janker noch einmal darauf, dass die Stadt eigens eine Stelle für einen Koordinator ehrenamtlich Engagierter im Mehrgenerationenhaus des Roten Kreuzes zahle. Das Motiv dafür sei - schon vor dem Notfallplan - die Belegung des Jodquellenhofs mit Flüchtlingen. "Wir brauchen unbedingt jemanden, der das Ganze betreut."

An der Klage, die die Stadt Bad Tölz wegen der Nutzung des Jodquellenhofs als Flüchtlingsunterkunft gegen den Landkreis vor dem Verwaltungsgericht München eingereicht hat, ändert der Notfallplan nichts. Nach Rücksprache mit dem Rechtsanwalt der Kommune teilt Bürgermeister Janker mit: "Das hat keinen direkten Einfluss darauf." Die Erstaufnahme in dem Hotel habe auch keine aufschiebende Wirkung auf das Gerichtsverfahren. Schließlich lebten im Jodquellenhof schon 30 regulär untergebrachte Asylsuchende, betont der Bürgermeister. Die Stadt befürchtet, dass die Belegung mit Flüchtlingen der Hoteleigentümerin Jod AG ein juristische Handhabe geben könnte, um die von ihr geplanten Wohnhäuser gegen den Bebauungsplan der Stadt durchzudrücken. Der sieht eine vorwiegend touristisch Nutzung des Areals vor.

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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