Bad Tölz-Wolfratshausen:Jetzt ziehen Flüchtlinge in die Ickinger Turnhalle

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Die Betten sind geordert: Das Landratsamt rechnet derzeit mit einer Belegung zum 21. September. Die Direktorin desGymnasiums will nicht eine Stunde Sportunterricht ausfallen lassen.

Von Felicitas Amler und Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Sicher ist nur eins: Am Gymnasium Icking soll keine Stunde Sport ausfallen, wenn die Turnhalle mit Asylbewerbern belegt wird. Dafür haben Direktorin Astrid Barbeau und ein Team von, wie sie sagt, "unglaublich engagierten" Lehrern in den Ferien gesorgt. Für welchen Zeitpunkt sie diese Vorkehrungen getroffen haben, ist allerdings ungewiss. Das Landratsamt rechnet "unter Vorbehalt" damit, die Ickinger Halle zum 21. September zu belegen. Je nachdem, wie viele Asylsuchende die Regierung dem Landkreis in den nächsten Wochen zuweist, kann sich dieses Datum ändern. Die zuständige Abteilungsleiterin, Helga Happ, sagt aber, die Vorbereitungen liefen bereits: "Icking wird auf jeden Fall hergerichtet." Material sei geordert, Belegungspläne seien in Arbeit.

Betten, Spinde, Tische, Stühle, Trennwände sollen zur Ausstattung gehören. Das Amt plant, Turnhallen jeweils mit 40 Personen zu belegen, selbst wenn Platz für mehr Menschen wäre. Auch die Halle in Sachsenkam scheint nach der Besichtigung am Mittwoch zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet zu sein.

Für Astrid Barbeau, die neue Leiterin des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums, ist diese Situation eine besondere Herausforderung. "Aber wir stehen nicht verdattert da", sagt sie. Die Schule weiß seit Mitte August, dass das Landratsamt die Turnhalle beanspruchen wird. Inzwischen habe eine intensive Planung stattgefunden, sagt Barbeau, da kein Sportunterricht ausfallen soll. Externe Sportstätten, darunter auch der gemeindliche Sportplatz, außerdem die alte Aula des Gymnasiums könnten benutzt werden. Und schließlich sei auch mal ein "Bewegungsangebot in einem Naturraum", wie dies heiße, vorgesehen - mit anderen Worten: ein Waldspaziergang.

Die Turnhalle des Ickinger Gymnasiums ist mit 55 Stunden Unterricht pro Woche belegt. All diese Stunden müssen anders organisiert und zusätzlich muss auch der Schwimmunterricht ersetzt werden, der sonst im Schwimmbad Ascholding stattfindet, das nun ebenfalls Asylsuchenden vorbehalten sein soll. Man müsse außerdem bedenken, dass in der Oberstufe jeder Gymnasiast seinen individuellen Stundenplan gestaltet und dass Icking drei Zweige hat: sprachlich, humanistisch und naturwissenschaftlich-technologisch. "Das ist eine große Zählerei und eine logistische Meisterleistung", sagt Barbeau mit einem dicken Kompliment an das Lehrerkollegium, das die Umplanung in Angriff genommen hat. "Seit zwei Wochen bin ich laufend umgeben von mindestens fünf Lehrern." Es herrschten starke Solidarität und Identifizierung mit der Schule.

Da es schwierig ist, noch in den Sommerferien alle Eltern direkt zu verständigen, seien jetzt erst einmal E-Mails an sämtliche Elternvertreter verschickt worden, das sind bei 22 Klassen etwa 50 Personen. Zum ersten Schultag wird es ein Rundschreiben geben. Die Direktorin sagt, die Ickinger Bürgermeisterin Margit Menrad und Landrat Josef Niedermaier hätten ihr versichert, die Belegung der Turnhallen sei die Ultima Ratio. Nach den Gesprächen mit Lehrern und mit einem ebenfalls äußerst verständigen Elternbeirat habe sie den Eindruck, alle seien überzeugt, "dass wir die Solidarität, die in dieser Extremsituation nötig ist, leisten können".

Astrid Barbeau. (Foto: Hartmut Pöstges)

Um solch positive Signale ist man auch im Landratsamt bemüht. Dort hat Helga Happ, Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit, Umweltfragen, Verkehrswesen, die Aufgaben des Sozialabteilungsleiters Michael Foerst übernommen, weil dieser gerade in Elternzeit gegangen ist. Happ setzt auf Transparenz. Sie kündigt einen Besichtigungstermin an, sobald der Zeitpunkt der Belegung der Ickinger Turnhalle genau feststeht, und würdigt die Kooperationsbereitschaft des Gymnasiums.

In Münsing will Bürgermeister Michael Grasl (FW) vermeiden, dass die Turnhalle mit Asylbewerbern belegt wird. In Abstimmung mit dem Landratsamt lässt er derzeit auch den Gemeindesaal und den Pallaufhof als Notquartiere prüfen. Zur Ratssitzung am kommenden Dienstag sollen die Ergebnisse vorliegen. Langfristig müsse die Gemeinde selbst aktiv werden und etwas bauen, sagt er.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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