Arbeit:Fokus auf dem Fachkräftemangel

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Die Arbeitslosenquote ist im Januar leicht gestiegen. Während es einerseits an Spezialisten fehlt, finden andererseits gut qualifizierte Menschen gehobenen Alters keinen Job. Auch die Gruppe erwerbsloser Syrer wächst

Von Klaus Schieder, Bad Tölz-Wolfratshausen

Seit mehr als 20 Jahren schickt die Agentur für Arbeit in Rosenheim ihre Monatsstatistik für den Landkreis per E-Mail, diesmal kam Leiterin Nicole Cujai eigens in das Tölzer Jobcenter, um die neuen Zahlen zu präsentieren. Sie habe sich gedacht, "wir waren eigentlich noch nie in Bad Tölz, deshalb fangen wir das Jahr 2015 mal hier an", sagte sie bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Verblüffendes hatte sie nicht zu erläutern. Wie im Winter üblich, stieg die Erwerbslosenquote an: Sie liegt für Bad Tölz-Wolfratshausen derzeit bei 3,3 Prozent, das ist ein halbes Prozent mehr als im Dezember.

"Dies ist der beste Wert im Agenturbezirk", sagte Cujai. Dort liegt die Gesamtquote bei 3,7 Prozent, ein Plus von 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat. Der Anstieg erklärt sich aus den saisonüblichen Schwankungen. Für gewöhnlich melden sich Leute im Winter vorübergehend arbeitslos, die einen Beruf im Freien haben. Im Landkreis trifft dies vornehmlich den touristisch geprägten Süden, weniger den Norden, der mehr Industriebetriebe hat. Ansonsten hatte Cujai nur gute Nachrichten zu verkünden. Der robuste Arbeitsmarkt im klein- und mittelständisch strukturierten Landkreis hilft den Jobvermittlern der Agentur, auch jene Kunden besser unterzubringen, die schwer eine neue Stelle finden. Bei den über 55-Jährigen beträgt die Arbeitslosenquote momentan 4,8 Prozent, das ist ein Rückgang um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Eine relativ hohe Zahl", sagte Cujai. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sank um 51 auf 375 Personen.

Ihr Augenmerk legt die Arbeitsagentur verstärkt auf den Fachkräftemangel. "Viele Arbeitgeber tun sich schwer, diese Stellen zu besetzen", sagte Udo Kohnen, Geschäftsstellenleiter der Agentur Bad Tölz-Wolfratshausen. Im Widerspruch dazu stehe, dass es gut qualifizierte ältere Arbeitnehmer gebe, die aber keinen Job bekommen. An diesem Punkt will die Arbeitsagentur ebenso ansetzen wie an den "stillen Reserven". Dazu zählt Cujai etwa Jugendliche ohne Ausbildung oder Frauen, die in den Beruf zurückkehren wollen. Fehlende Fachkräfte seien gerade in der Gesundheitsbranche, im Sozialwesen, der Elektroindustrie und im Maschinenbau ein großes Thema, sagte sie. "Wir schauen, dass wir die Menschen, die noch keine Qualifikation haben, so qualifizieren, wie es der Markt braucht." Die Arbeitgeber bat sie um Geduld. All dies brauche Zeit, auch wenn sich mancher Unternehmer wünsche, dass ein neuer Mitarbeiter "gleich von Tag eins an" alle Anforderungen erfülle.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt erläuterten Udo Kohnen (li.), Geschäftsstellenleiter der Arbeitsagentur, und Jobcenter-Chef Andreas Baumann. (Foto: neubauer)

Über Flüchtlinge führt die Arbeitsagentur bisher keine eigene Statistik. "Wir schreiben nicht auf, dass jemand ein Asylbewerber ist", sagte Andreas Baumann, Geschäftsführer des Tölzer Jobcenters. Die Nationalitäten werden allerdings schon erfasst. Und dabei fällt Cujai zufolge vor allem die stark gestiegene Zahl an Syrern auf, die eine Arbeit suchen. Der Grund: Wegen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat sind sie Kontingentflüchtlinge und genießen "subsidiären Schutz", weshalb sie hierzulande gleich arbeiten dürfen.

Wichtig sei für sie aber erst einmal, Deutsch zu lernen, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen, sagte Cujai. Für Pflegeberufe sei beispielsweise ein B 2-Zertifikat nötig, "damit man tatsächlich tätig werden kann". Cujai zeigte sich dankbar, dass neben den offiziellen Sprachkursen auch viele ehrenamtliche Kräfte den Flüchtlingen Deutsch beibringen. Baumann verwies auf das computergestützte Lernprogramm von Waltraud Haase. Damit könnten Asylsuchende etwa die Monate überbrücken, bis wieder ein Kurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge beginnt. Die Sprache ist jedoch nicht die einzige Hürde. "Integration ist ein längerer Prozess", sagte Kohnen. Da gehe es um "Qualifikationen, die nicht die selben Qualifikationen sind wie in ihrer Heimat".

Im Landkreis laden Arbeitsagentur und Jobcenter auch 2015 zu diversen Veranstaltungen ein. Darunter ist ein Gesundheitstag mit Vorträgen, der in Kooperation mit Krankenkassen am 4. Februar im Landratsamt stattfindet, am 25. März folgt dort eine Arbeitgebermesse. Auch die Jobmesse soll es heuer wieder geben.

© SZ vom 30.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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