Bad Tölz-Wolfratshausen:Es geht wieder los

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Die Fußballfans im Landkreis fiebern der beginnenden Bundesliga-Saison entgegen

Von Erik Häußler und Thekla Kraußeneck, Bad Tölz-Wolfratshausen

An diesem Freitag ist es fast zwölf Wochen her, 83 Tage um genau zu sein, als der 34. Spieltag der Fußball-Bundesliga abgepfiffen wurde. Der Deutsche Meister hieß zum 25. Mal FC Bayern München, die Spieler von 1860 München kämpften noch um den Klassenerhalt in der Zweiten Liga, was ihnen wenige Tage darauf auch gelang. 83 Tage ohne Fußball, elf Wochenenden, an denen sie sich am Nachmittag und abends anderweitig beschäftigen mussten - für echte Fans eine Ewigkeit. Während die zweite Liga schon vor knapp drei Wochen in die neue Saison gestartet ist, rollt der Ball in der obersten deutschen Fußballklasse an diesem Freitagabend zum ersten Mal wieder. Der amtierende Meister eröffnet die neue Spielzeit gegen den Hamburger SV. Für die Roten könnte es mit der vierten Meisterschaft in Folge eine Rekordsaison werden. Die Sechziger sind mit zwei Niederlagen gestartet, stehen bereits jetzt im Tabellenkeller und treffen am Montag im Bayern-Derby auf den Club aus Nürnberg. Die wollte von den Fans im Landkreis wissen, was sie von der neuen Saison erwarten.

Die Filetgranen, Geretsried

Der erste Vorsitzende des Fanclubs "Die Filetgranen" aus Geretsried, Harald Michel, ist beim Saisonauftakt natürlich im Stadion dabei. "Ich habe seit 1989 eine Dauerkarte, da ist das natürlich Pflicht." Deshalb hat er seinen Urlaub auch so gelegt, dass er das Auftaktspiel auf keinen Fall verpasst. Dennoch geht er mit gemischten Gefühlen in die neue Spielzeit. Als Bayernfan erwarte man ja die Deutsche Meisterschaft schon von vornherein. "Legendär wäre es, wenn's zum vierten Mal in Folge klappt", sagt der 46-jährige hoffnungsvoll. Aber es werde schwer werden.

Der VfL Wolfsburg werde der große Herausforderer der Bayern sein, schätzt er. Die Dortmunder hätten noch nicht die Qualität zurück und seien zudem in einer Eingewöhnungsphase mit dem neuen Trainer. Anders als viele Fans findet Michel den Weggang von Bastian Schweinsteiger in Ordnung. "Er wollte schon immer nach England und hätte es im Team sowieso schwer gehabt." Außerdem haben die Bayern sich auch mit Neuverpflichtungen verstärkt. "Vidal ist ein Kämpfer und Fighter, so einer hat uns gefehlt. Ob er in Guardiolas Philosophie passt, wird sich zeigen. Er wird der Mannschaft auf jeden Fall gut tun", schätzt der Geretsrieder Fan. Für Michel ist die Deutsche Meisterschaft also quasi Pflicht, in der Champions League sei zumindest das Halbfinale zu erreichen, "ab dann kommt es auf die Tagesform und den Willen der Mannschaft an. Fußballspielen können sie doch alle."

Der Name des Fanclubs leitet sich übrigens nicht von der Spielweise der Bayern ab, sondern bezieht sich auf das Mittagsessen am Gründungstag im November 2008. Damals waren die Geretsrieder auf dem Rückweg vom Champions-League-Spiel in Florenz und beschlossen bei einer Pause, einen eigenen Fanclub zu gründen. Der ist inzwischen auf 156 Mitglieder gewachsen und wird seit 2014 auch offiziell im Fanregister des FC Bayern geführt.

Tölzer Bullen

Für Michael Pisch, Vorstand der Tölzer Bullen, ist "kein Titel selbstverständlich", sagt er. Gerade weil Dortmund wieder stark am kommen sei. Dazu die Konkurrenz aus Wolfsburg und Leverkusen. Pisch ist gespannt, wie sich die neuen Spieler um Vidal, Costa und Co ins Team einfügen. Beim Vorbereitungsturnier des Audi Cup war der Bad Heilbrunner dabei und sehr zufrieden mit der Leistung der Neuen.

Die Meinungen zu Trainer Guardiola würden bei den Fans auseinander gehen. Er selbst sieht die Kritik als übertrieben an und steht nach wie vor hinter der Philosophie des Spaniers. Wie weit die Bayern es in dieser Saison wirklich bringen, hänge davon ab, wie gut der neue Kader zusammenfindet. Gegen den HSV ist Pisch nicht im Stadion, da haben die Tölzer Bullen in ihrer Stammkneipe ein Public Viewing geplant. Gegen den großen Konkurrenten aus Wolfsburg fährt der Fanclub Ende September aber wieder in die Allianz Arena.

Matthäus "Hias" Hammerl, Kochel am See

Geht es um Fans des FC Bayern im Landkreis, fällt sofort ein Name: Matthäus, genannt "Hias", Hammerl. Der Taxifahrer aus Kochel am See ist seit rund 60 Jahren leidenschaftlicher Fan der Roten und seit 40 Jahren Mitglied. Er steht bei so gut wie allen Spielen in Tracht in der Fankurve und bei der Jahreshauptversammlung des Vereins auch mal am Rednerpult. Er unterstützt seinen Club ohne wenn und aber. Mit Blick auf die kommende Saison, äußert er sich aber durchaus kritisch. Gerade die Spiele in der Vorbereitung, gegen Wolfsburg im Supercup und im Pokal gegen den Fünftligisten FC Nöttingen, die Hammerl natürlich im Stadion erlebt hat, haben ihm nicht gefallen: " Gerade gegen den Fünftligisten war das komplett enttäuschend, was in der zweiten Halbzeit zu sehen war. Ich hab nun schon Angst, dass die Steigerung in den kommenden Spielen nicht so groß ist." Werde auf diesem Niveau weitergespielt, sieht Hammerl die Bayern nicht in Champions-League-Form. Kritik äußert der Fan vor allem an Pep Guardiola: "Der Trainer gefällt uns nicht mehr so, auch weil er den Müller immer wieder ausgewechselt hat." Was den Kochler noch immer beschäftigt, ist der Weggang von Bastian Schweinsteiger, den er noch gerne weiter im Trikot der Bayern gesehen hätte. "Die neuen Leute sind nicht schlecht, aber wir brauchen auch bayerische und deutsche Spieler." Das Spiel gegen den Hamburger SV erlebt Hammerl natürlich auch im Stadion. Er erhoffe sich eine Leistungssteigerung um mindestens hundert Prozent.

Löwenfanclub Isar-Loisach

In der letzten Saison waren die Löwen nur knapp dem Abstieg entgangen und sind nun nach zwei Spieltagen ohne Sieg wieder im Tabellenkeller zu finden. Als Fan des 1860 München hat man es derzeit nicht leicht. Doch seit vergangener Woche gibt es auch Hoffnung, da schaffte der Verein im Pokal die Sensation gegen die Erstligisten aus Hoffenheim.

Reinhard Schwerdtner, erster Vorsitzender des Löwenfanclubs Isar-Loisach, sieht seine Mannschaft auf einem guten Weg. "Es ist eine super Mannschaft, das hat man zuletzt im Pokal gesehen. Darum glaube ich, dass diese Saison besser wird als die vergangene." Schwerdtner sieht dabei die "jungen Wilden", wie er sie nennt, als Hoffnungsträger. In der Abwehr Maximilian Witteck oder Mittelfeldmann Korbinian Vollmann haben ihm besonders gefallen. Am kommenden Montag geht es nun im Bayern-Derby gegen den Club aus Nürnberg. Wie vermutlich alle Fans hofft auch Schwerdtner auf die Wende. Alle Hoffnung zieht der Regionsbeauftragte der Löwenfanclubs aus dem Spiel gegen Hoffenheim. "Das Pokalspiel hat einen Schub gegeben, mindestens ein Unentschieden ist drin." Er selbst wird in Nürnberg seine Mannschaft nicht unterstützen können, bei den Heimspielen ist er aber wieder dabei. Als Einstimmung auf das wichtige Spiel hat sein Fanclub am Freitagabend um "18:60 Uhr", ein Sommerfest geplant. Viele Jahre habe man immer wieder vom Aufstieg gesprochen, sagt Schwerdtner, und der Wunsch sei auch heuer wieder da. "Wir stapeln aber jetzt etwas tiefer, dann gibt's vielleicht eine Überraschung. Ein einstelliger Mittelfeldplatz ist diese Saison möglich."

Uwe Erdelt, Wolfratshausen

Daraus, dass er Club-Fan ist, macht Uwe Erdelt kein Geheimnis. Ganz im Gegenteil: Lange Zeit wehte die Fahne des 1. FC Nürnberg von dem Mast auf seiner Garage, gut sichtbar für jeden, der mit der S-Bahn an seinem Weidacher Anwesen vorbeifuhr. Gehisst hatte Erdelt sie immer dann, wenn der Club einen Sieg hingelegt hatte - was ihm, so räumt der gebürtige Franke heute selbstironisch ein, irgendwann dann doch zu frustrierend geworden sei. Deshalb weht jetzt ersatzweise durchgehend der fränkische Rechen auf der Garage, weiß-rot. Die Club-Fahne soll ihren nächsten Auftritt zu einer besonderen Gelegenheit bekommen - sprich: wenn der Club wieder aufsteigt. Das aber könne durchaus noch dauern, meint Erdelt. Acht Gegentore in zwei Spielen: Als Club-Fan müsse man viel aushalten, sagt Erdelt, "das kostet einen schon Nerven". Aber aus seiner Haut könne man eben nicht heraus, denn der Club, der sei vor allem eins: Identität. Eine Mannschaft mit Tradition, das Team der Franken eben. Das suche man sich nicht aus, "da wird man hineingeboren", sagt Erdelt. Schon als kleiner Bub sei er im Stadion gestanden und habe seine Mannschaft angefeuert. Für den Bayerischen Rundfunk moderiert er auf Bayern 1 die Sendung "Heute im Stadion" - so etwa auch das Spiel des Clubs gegen 1860 München am Montag. Dabei neutral zu bleiben, gelinge ihm ganz leicht, zumal er sich auch für die Löwen freuen würde, sollte ihnen der Aufstieg gelingen. Die seien schließlich auch ein Traditionsverein und gehörten deshalb einfach in die erste Liga - so wie der Club.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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